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Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Selten werden sie dem Menschen gefährlich; doch geht die unheimliche Sage im Volk, daß ein Wolf, der einmal aus grimmigem Mangel an Nahrung Menschenfleisch gekostet habe, hernach an keinem Thier sich mehr vergreifen möge.

Jener Wald nun, der ihren Zug gegen Blankenheim hin deckt, zieht sich fast von der Stadt an, nämlich von dem Thiergarten der alten Grafen bei den Schloßtrümmern über einen hohen Bergrücken fort, der die Stromscheide zwischen Ahr und Kyll bildet. Beiderseits liegen spärliche Dörfer meilenweit auseinander, hie und da trifft man einen Bauernhof, und wo in tiefen bebuschten Rinnen Bäche jenen größern Flüßchen zulaufen, hat sich wohl eine einsame Mühle auf einem Stück mühsam gerodeten Wiesen- oder Ackerlandes angesiedelt.

Solch ein Fleck in der tiefen lautlosen Stille einer flimmerkalten Winternacht liegt vor uns; nicht einmal das Rauschen des Wassers oder der leis plätschernde Umschwung des Mühlrades regt sich, Alles starrt im Eise. An den Menschen und sein Dasein mahnt nur ein schwaches Licht in einem Fenster des kleinen an die Mühle angelehnten Nebenbaues, das gegen den kalten, blauen, östlich über die schneeigen Baum- und Bergspitzen heraufkommenden Mond mit warmem Roth sich absetzt. Sonst herrscht allwärts der ernste, grausige, allem Leben feindliche Todesschlaf einer herben Wild- und Waldnatur.

Selten werden sie dem Menschen gefährlich; doch geht die unheimliche Sage im Volk, daß ein Wolf, der einmal aus grimmigem Mangel an Nahrung Menschenfleisch gekostet habe, hernach an keinem Thier sich mehr vergreifen möge.

Jener Wald nun, der ihren Zug gegen Blankenheim hin deckt, zieht sich fast von der Stadt an, nämlich von dem Thiergarten der alten Grafen bei den Schloßtrümmern über einen hohen Bergrücken fort, der die Stromscheide zwischen Ahr und Kyll bildet. Beiderseits liegen spärliche Dörfer meilenweit auseinander, hie und da trifft man einen Bauernhof, und wo in tiefen bebuschten Rinnen Bäche jenen größern Flüßchen zulaufen, hat sich wohl eine einsame Mühle auf einem Stück mühsam gerodeten Wiesen- oder Ackerlandes angesiedelt.

Solch ein Fleck in der tiefen lautlosen Stille einer flimmerkalten Winternacht liegt vor uns; nicht einmal das Rauschen des Wassers oder der leis plätschernde Umschwung des Mühlrades regt sich, Alles starrt im Eise. An den Menschen und sein Dasein mahnt nur ein schwaches Licht in einem Fenster des kleinen an die Mühle angelehnten Nebenbaues, das gegen den kalten, blauen, östlich über die schneeigen Baum- und Bergspitzen heraufkommenden Mond mit warmem Roth sich absetzt. Sonst herrscht allwärts der ernste, grausige, allem Leben feindliche Todesschlaf einer herben Wild- und Waldnatur.

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[0009] Selten werden sie dem Menschen gefährlich; doch geht die unheimliche Sage im Volk, daß ein Wolf, der einmal aus grimmigem Mangel an Nahrung Menschenfleisch gekostet habe, hernach an keinem Thier sich mehr vergreifen möge. Jener Wald nun, der ihren Zug gegen Blankenheim hin deckt, zieht sich fast von der Stadt an, nämlich von dem Thiergarten der alten Grafen bei den Schloßtrümmern über einen hohen Bergrücken fort, der die Stromscheide zwischen Ahr und Kyll bildet. Beiderseits liegen spärliche Dörfer meilenweit auseinander, hie und da trifft man einen Bauernhof, und wo in tiefen bebuschten Rinnen Bäche jenen größern Flüßchen zulaufen, hat sich wohl eine einsame Mühle auf einem Stück mühsam gerodeten Wiesen- oder Ackerlandes angesiedelt. Solch ein Fleck in der tiefen lautlosen Stille einer flimmerkalten Winternacht liegt vor uns; nicht einmal das Rauschen des Wassers oder der leis plätschernde Umschwung des Mühlrades regt sich, Alles starrt im Eise. An den Menschen und sein Dasein mahnt nur ein schwaches Licht in einem Fenster des kleinen an die Mühle angelehnten Nebenbaues, das gegen den kalten, blauen, östlich über die schneeigen Baum- und Bergspitzen heraufkommenden Mond mit warmem Roth sich absetzt. Sonst herrscht allwärts der ernste, grausige, allem Leben feindliche Todesschlaf einer herben Wild- und Waldnatur.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:40:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:40:10Z)

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Zitationshilfe: Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/9>, abgerufen am 24.11.2024.