Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Am oberen Schlusse des schönen Ahrthales, wo das Flüßchen dem Fuße eines stark ansteigenden Berges entspringt, liegt in die grüne Schlucht zurückgezogen das Städtchen Blankenheim, ein Schutz und Schirm der jetzt zertrümmerten Grasenburg, der es seinen Ursprung dankt. Mancher Wanderer wird sich mit Vergnügen des lieben Oertchens erinnern, wo er nach den rauhen Pfaden der oberen Ahr oder nach beschwerlicher Eiffelfahrt zum erstenmal wieder städtisches Behagen in reizender ländlicher Umgebung fand. Zumeist, wer etwa im ersten Frühling das Thal besuchte, gedenkt sicher mit Entzücken des weiten weißen Blüthenschleiers, mit dem die ganze Schlucht wie übersponnen liegt, ein blühend Idyll mitten unter den wilden Eiffelhöhen, deren theils kahle, theils bewaldete Rücken die Stadt rings umziehen. Im Schirm dieser Höhen ruht sie und genießt in Folge dieser Lage eines rheinischen Sommers, während eine Viertelstunde Weges die Berge hinauf genügt, uns in eine rauhe, nur der Fichte noch günstige Luft zu versetzen. Freilich sieht's dann im Winter ganz anders aus. Sein über die endlosen Schneeflächen ringsum hersausender Hauch schont auch das Thal nicht. Die Wiese dorrt vor ihm, durch welche in der milderen Jahreszeit Am oberen Schlusse des schönen Ahrthales, wo das Flüßchen dem Fuße eines stark ansteigenden Berges entspringt, liegt in die grüne Schlucht zurückgezogen das Städtchen Blankenheim, ein Schutz und Schirm der jetzt zertrümmerten Grasenburg, der es seinen Ursprung dankt. Mancher Wanderer wird sich mit Vergnügen des lieben Oertchens erinnern, wo er nach den rauhen Pfaden der oberen Ahr oder nach beschwerlicher Eiffelfahrt zum erstenmal wieder städtisches Behagen in reizender ländlicher Umgebung fand. Zumeist, wer etwa im ersten Frühling das Thal besuchte, gedenkt sicher mit Entzücken des weiten weißen Blüthenschleiers, mit dem die ganze Schlucht wie übersponnen liegt, ein blühend Idyll mitten unter den wilden Eiffelhöhen, deren theils kahle, theils bewaldete Rücken die Stadt rings umziehen. Im Schirm dieser Höhen ruht sie und genießt in Folge dieser Lage eines rheinischen Sommers, während eine Viertelstunde Weges die Berge hinauf genügt, uns in eine rauhe, nur der Fichte noch günstige Luft zu versetzen. Freilich sieht's dann im Winter ganz anders aus. Sein über die endlosen Schneeflächen ringsum hersausender Hauch schont auch das Thal nicht. Die Wiese dorrt vor ihm, durch welche in der milderen Jahreszeit <TEI> <text> <pb facs="#f0007"/> <body> <div n="1"> <p>Am oberen Schlusse des schönen Ahrthales, wo das Flüßchen dem Fuße eines stark ansteigenden Berges entspringt, liegt in die grüne Schlucht zurückgezogen das Städtchen Blankenheim, ein Schutz und Schirm der jetzt zertrümmerten Grasenburg, der es seinen Ursprung dankt. Mancher Wanderer wird sich mit Vergnügen des lieben Oertchens erinnern, wo er nach den rauhen Pfaden der oberen Ahr oder nach beschwerlicher Eiffelfahrt zum erstenmal wieder städtisches Behagen in reizender ländlicher Umgebung fand. Zumeist, wer etwa im ersten Frühling das Thal besuchte, gedenkt sicher mit Entzücken des weiten weißen Blüthenschleiers, mit dem die ganze Schlucht wie übersponnen liegt, ein blühend Idyll mitten unter den wilden Eiffelhöhen, deren theils kahle, theils bewaldete Rücken die Stadt rings umziehen. Im Schirm dieser Höhen ruht sie und genießt in Folge dieser Lage eines rheinischen Sommers, während eine Viertelstunde Weges die Berge hinauf genügt, uns in eine rauhe, nur der Fichte noch günstige Luft zu versetzen.</p><lb/> <p>Freilich sieht's dann im Winter ganz anders aus. Sein über die endlosen Schneeflächen ringsum hersausender Hauch schont auch das Thal nicht. Die Wiese dorrt vor ihm, durch welche in der milderen Jahreszeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0007]
Am oberen Schlusse des schönen Ahrthales, wo das Flüßchen dem Fuße eines stark ansteigenden Berges entspringt, liegt in die grüne Schlucht zurückgezogen das Städtchen Blankenheim, ein Schutz und Schirm der jetzt zertrümmerten Grasenburg, der es seinen Ursprung dankt. Mancher Wanderer wird sich mit Vergnügen des lieben Oertchens erinnern, wo er nach den rauhen Pfaden der oberen Ahr oder nach beschwerlicher Eiffelfahrt zum erstenmal wieder städtisches Behagen in reizender ländlicher Umgebung fand. Zumeist, wer etwa im ersten Frühling das Thal besuchte, gedenkt sicher mit Entzücken des weiten weißen Blüthenschleiers, mit dem die ganze Schlucht wie übersponnen liegt, ein blühend Idyll mitten unter den wilden Eiffelhöhen, deren theils kahle, theils bewaldete Rücken die Stadt rings umziehen. Im Schirm dieser Höhen ruht sie und genießt in Folge dieser Lage eines rheinischen Sommers, während eine Viertelstunde Weges die Berge hinauf genügt, uns in eine rauhe, nur der Fichte noch günstige Luft zu versetzen.
Freilich sieht's dann im Winter ganz anders aus. Sein über die endlosen Schneeflächen ringsum hersausender Hauch schont auch das Thal nicht. Die Wiese dorrt vor ihm, durch welche in der milderen Jahreszeit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/7 |
Zitationshilfe: | Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/7>, abgerufen am 27.07.2024. |