Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909].

Bild:
<< vorherige Seite

so bleib ich bei dir. Oder du kommst zu mir mit deinem Jungen. Aber fort mußt du von hier. Es wird noch alles gut. Wir werden dich schon verteidigen."

Beate fuhr auf. Sie wurde ganz heiß vor Zorn. "Nein, Elise, wir verstehn uns nicht. Fort soll ich aus meinem Hause? Warum? Mich wollt ihr verteidigen? Gegen wen? Mich braucht niemand zu verteidigen. Mich kann niemand verteidigen."

"Beating - Herz - so versteh' doch!" warf die Fürstin ein, aber Beate wollte nicht verstehn. "Was ihr wißt und sprecht, weiß ich nicht. Ihr könnt und sollt nichts wissen. Weil ich vielleicht leide, glaubt jeder die Finger in das Wasser stecken zu dürfen, das ich trinken muß. Ich brauche keinen. Ich habe niemandem gerufen. Ich - ich will allein sein." Schnell und leise die Worte hervorzustoßen, tat wohl. Die Fürstin machte ein erstauntes und empfindliches Gesicht; als Beate jedoch schwieg, schmiegte die kleine Frau ihren Kopf verschüchtert an Beatens Schulter.

"Ja - ja, Beating," flüsterte sie, "ich weiß - ich weiß, - so bist du - so mußt du sein."

Als die Damen fort waren, begab Beate sich in den alten Flügel zurück, und ihre Einsamkeit erschien ihr heute wie eine Zuflucht.

so bleib ich bei dir. Oder du kommst zu mir mit deinem Jungen. Aber fort mußt du von hier. Es wird noch alles gut. Wir werden dich schon verteidigen.“

Beate fuhr auf. Sie wurde ganz heiß vor Zorn. „Nein, Elise, wir verstehn uns nicht. Fort soll ich aus meinem Hause? Warum? Mich wollt ihr verteidigen? Gegen wen? Mich braucht niemand zu verteidigen. Mich kann niemand verteidigen.“

„Beating – Herz – so versteh’ doch!“ warf die Fürstin ein, aber Beate wollte nicht verstehn. „Was ihr wißt und sprecht, weiß ich nicht. Ihr könnt und sollt nichts wissen. Weil ich vielleicht leide, glaubt jeder die Finger in das Wasser stecken zu dürfen, das ich trinken muß. Ich brauche keinen. Ich habe niemandem gerufen. Ich – ich will allein sein.“ Schnell und leise die Worte hervorzustoßen, tat wohl. Die Fürstin machte ein erstauntes und empfindliches Gesicht; als Beate jedoch schwieg, schmiegte die kleine Frau ihren Kopf verschüchtert an Beatens Schulter.

„Ja – ja, Beating,“ flüsterte sie, „ich weiß – ich weiß, – so bist du – so mußt du sein.“

Als die Damen fort waren, begab Beate sich in den alten Flügel zurück, und ihre Einsamkeit erschien ihr heute wie eine Zuflucht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="126"/>
so bleib ich bei dir. Oder du kommst zu mir mit deinem Jungen. Aber fort mußt du von hier. Es wird noch alles gut. Wir werden dich schon verteidigen.&#x201C;</p>
        <p>Beate fuhr auf. Sie wurde ganz heiß vor Zorn. &#x201E;Nein, Elise, wir verstehn uns nicht. Fort soll ich aus meinem Hause? Warum? Mich wollt ihr verteidigen? Gegen wen? Mich braucht niemand zu verteidigen. Mich kann niemand verteidigen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Beating &#x2013; Herz &#x2013; so versteh&#x2019; doch!&#x201C; warf die Fürstin ein, aber Beate wollte nicht verstehn. &#x201E;Was ihr wißt und sprecht, weiß ich nicht. Ihr könnt und sollt nichts wissen. Weil ich vielleicht leide, glaubt jeder die Finger in das Wasser stecken zu dürfen, das ich trinken muß. Ich brauche keinen. Ich habe niemandem gerufen. Ich &#x2013; ich will allein sein.&#x201C; Schnell und leise die Worte hervorzustoßen, tat wohl. Die Fürstin machte ein erstauntes und empfindliches Gesicht; als Beate jedoch schwieg, schmiegte die kleine Frau ihren Kopf verschüchtert an Beatens Schulter.</p>
        <p>&#x201E;Ja &#x2013; ja, Beating,&#x201C; flüsterte sie, &#x201E;ich weiß &#x2013; ich weiß, &#x2013; so bist du &#x2013; so mußt du sein.&#x201C;</p>
        <p>Als die Damen fort waren, begab Beate sich in den alten Flügel zurück, und ihre Einsamkeit erschien ihr heute wie eine Zuflucht.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0128] so bleib ich bei dir. Oder du kommst zu mir mit deinem Jungen. Aber fort mußt du von hier. Es wird noch alles gut. Wir werden dich schon verteidigen.“ Beate fuhr auf. Sie wurde ganz heiß vor Zorn. „Nein, Elise, wir verstehn uns nicht. Fort soll ich aus meinem Hause? Warum? Mich wollt ihr verteidigen? Gegen wen? Mich braucht niemand zu verteidigen. Mich kann niemand verteidigen.“ „Beating – Herz – so versteh’ doch!“ warf die Fürstin ein, aber Beate wollte nicht verstehn. „Was ihr wißt und sprecht, weiß ich nicht. Ihr könnt und sollt nichts wissen. Weil ich vielleicht leide, glaubt jeder die Finger in das Wasser stecken zu dürfen, das ich trinken muß. Ich brauche keinen. Ich habe niemandem gerufen. Ich – ich will allein sein.“ Schnell und leise die Worte hervorzustoßen, tat wohl. Die Fürstin machte ein erstauntes und empfindliches Gesicht; als Beate jedoch schwieg, schmiegte die kleine Frau ihren Kopf verschüchtert an Beatens Schulter. „Ja – ja, Beating,“ flüsterte sie, „ich weiß – ich weiß, – so bist du – so mußt du sein.“ Als die Damen fort waren, begab Beate sich in den alten Flügel zurück, und ihre Einsamkeit erschien ihr heute wie eine Zuflucht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Eduard von Keyserlings „Beate und Mareile“ erschi… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/128
Zitationshilfe: von Keyserling, Eduard: Beate und Mareile. Eine Schloßgeschichte. Berlin, [1909], S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keyserling_beatemareile_1903/128>, abgerufen am 28.04.2024.