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Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Auf das Wildbad.

Quält Schmerz und Krankheit deine Glieder,
Macht welk dein Herz der Menschen Qual;
Verlaß' die Welt und steig hernieder
In dieses unterird'sche Thal.
Hier legt Natur mit linden Armen
Dich an die Brust und löst den Schmerz.
Wollt' dich kein Menschenherz erwarmen,
Erwärmt dich hier ihr Mutterherz.
Der Wasser gute Geister singen
Hier aus krystallnen Tiefen laut:
"Bald werden dem wir Heilung bringen,
"Der liebend unsrer Kraft vertraut."
Ja! Kranker! wie ein Kind an's Herze
Der Mutter sich vertrauend legt,
Lieg' in den Born mit deinem Schmerze,
Von Lieb' und Hoffnung still bewegt.
Wie Lenzeshauch wird's dich durchbeben;
Frag' nicht, wie diese Kraft man heißt;
Du kehrst, ein neuer Mensch, in's Leben
Und sprichst: das that des Wildbads Geist!

Auf das Wildbad.

Quaͤlt Schmerz und Krankheit deine Glieder,
Macht welk dein Herz der Menſchen Qual;
Verlaß' die Welt und ſteig hernieder
In dieſes unterird'ſche Thal.
Hier legt Natur mit linden Armen
Dich an die Bruſt und loͤſt den Schmerz.
Wollt' dich kein Menſchenherz erwarmen,
Erwaͤrmt dich hier ihr Mutterherz.
Der Waſſer gute Geiſter ſingen
Hier aus kryſtallnen Tiefen laut:
„Bald werden dem wir Heilung bringen,
„Der liebend unſrer Kraft vertraut.“
Ja! Kranker! wie ein Kind an's Herze
Der Mutter ſich vertrauend legt,
Lieg' in den Born mit deinem Schmerze,
Von Lieb' und Hoffnung ſtill bewegt.
Wie Lenzeshauch wird's dich durchbeben;
Frag' nicht, wie dieſe Kraft man heißt;
Du kehrſt, ein neuer Menſch, in's Leben
Und ſprichſt: das that des Wildbads Geiſt!

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[42/0054] Auf das Wildbad. Quaͤlt Schmerz und Krankheit deine Glieder, Macht welk dein Herz der Menſchen Qual; Verlaß' die Welt und ſteig hernieder In dieſes unterird'ſche Thal. Hier legt Natur mit linden Armen Dich an die Bruſt und loͤſt den Schmerz. Wollt' dich kein Menſchenherz erwarmen, Erwaͤrmt dich hier ihr Mutterherz. Der Waſſer gute Geiſter ſingen Hier aus kryſtallnen Tiefen laut: „Bald werden dem wir Heilung bringen, „Der liebend unſrer Kraft vertraut.“ Ja! Kranker! wie ein Kind an's Herze Der Mutter ſich vertrauend legt, Lieg' in den Born mit deinem Schmerze, Von Lieb' und Hoffnung ſtill bewegt. Wie Lenzeshauch wird's dich durchbeben; Frag' nicht, wie dieſe Kraft man heißt; Du kehrſt, ein neuer Menſch, in's Leben Und ſprichſt: das that des Wildbads Geiſt!

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/54>, abgerufen am 28.04.2024.