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Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Gesanges Erwachen.

Könnt' ich einmal wieder singen,
Wär' ich wiederum gesund,
Aber noch will's Herz zerspringen
Und in Trauern schweigt der Mund.
Kaum, daß diese leise Klage
Aus dem vollen Busen drang,
Wie an einem Wintertage
Oft schon halb ein Vogel sang.
Wie aus Wolken eng verschlossen
Halb oft dringt ein Sonnenblick,
Bald von Regen übergossen,
Wiederkehrt in sich zurück.
Also hellte mein Gemüthe
Ach nur kurz ein lichter Traum,
Und vom aufgeweckten Liede
Hallten diese Töne kaum.

Geſanges Erwachen.

Koͤnnt' ich einmal wieder ſingen,
Waͤr' ich wiederum geſund,
Aber noch will's Herz zerſpringen
Und in Trauern ſchweigt der Mund.
Kaum, daß dieſe leiſe Klage
Aus dem vollen Buſen drang,
Wie an einem Wintertage
Oft ſchon halb ein Vogel ſang.
Wie aus Wolken eng verſchloſſen
Halb oft dringt ein Sonnenblick,
Bald von Regen uͤbergoſſen,
Wiederkehrt in ſich zuruͤck.
Alſo hellte mein Gemuͤthe
Ach nur kurz ein lichter Traum,
Und vom aufgeweckten Liede
Hallten dieſe Toͤne kaum.

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[184/0196] Geſanges Erwachen. Koͤnnt' ich einmal wieder ſingen, Waͤr' ich wiederum geſund, Aber noch will's Herz zerſpringen Und in Trauern ſchweigt der Mund. Kaum, daß dieſe leiſe Klage Aus dem vollen Buſen drang, Wie an einem Wintertage Oft ſchon halb ein Vogel ſang. Wie aus Wolken eng verſchloſſen Halb oft dringt ein Sonnenblick, Bald von Regen uͤbergoſſen, Wiederkehrt in ſich zuruͤck. Alſo hellte mein Gemuͤthe Ach nur kurz ein lichter Traum, Und vom aufgeweckten Liede Hallten dieſe Toͤne kaum.

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/196>, abgerufen am 27.04.2024.