Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
König Georg von England im Jahr 1813.

Tief ergraut stieg Englands König
Von der Väter hohem Thron,
Legte Scepter, goldne Krone
In die Hand dem edlen Sohn.
Bald ihm Licht und Rede schwanden,
Einsam stand er in der Nacht,
Also von der Welt geschieden
Hat er Jahre zugebracht.
Plötzlich glänzt des Greisen Auge
Einmal noch im alten Licht,
Wie die halb versunkne Sonne
Einmal noch aus Wolken bricht.
Auch die Rede kam ihm wieder,
Klang vollstimm'ger Harfe Ton,
Treue Diener horchten staunend,
Rufen den geliebten Sohn.
"Heil!" so sprach der Sohn in Freude,
"Heil der himmlisch hohen Macht,
Die dich aus des Innern Nächten,
Einmal noch zurückgebracht!"
Koͤnig Georg von England im Jahr 1813.

Tief ergraut ſtieg Englands Koͤnig
Von der Vaͤter hohem Thron,
Legte Scepter, goldne Krone
In die Hand dem edlen Sohn.
Bald ihm Licht und Rede ſchwanden,
Einſam ſtand er in der Nacht,
Alſo von der Welt geſchieden
Hat er Jahre zugebracht.
Ploͤtzlich glaͤnzt des Greiſen Auge
Einmal noch im alten Licht,
Wie die halb verſunkne Sonne
Einmal noch aus Wolken bricht.
Auch die Rede kam ihm wieder,
Klang vollſtimm'ger Harfe Ton,
Treue Diener horchten ſtaunend,
Rufen den geliebten Sohn.
„Heil!“ ſo ſprach der Sohn in Freude,
„Heil der himmliſch hohen Macht,
Die dich aus des Innern Naͤchten,
Einmal noch zuruͤckgebracht!“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0138" n="126"/>
      <lg type="poem">
        <head><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig Georg von England im Jahr 1813</hi>.</head><lb/>
        <l>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </l>
        <lg n="1">
          <l>Tief ergraut &#x017F;tieg Englands Ko&#x0364;nig</l><lb/>
          <l>Von der Va&#x0364;ter hohem Thron,</l><lb/>
          <l>Legte Scepter, goldne Krone</l><lb/>
          <l>In die Hand dem edlen Sohn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="2">
          <l>Bald ihm Licht und Rede &#x017F;chwanden,</l><lb/>
          <l>Ein&#x017F;am &#x017F;tand er in der Nacht,</l><lb/>
          <l>Al&#x017F;o von der Welt ge&#x017F;chieden</l><lb/>
          <l>Hat er Jahre zugebracht.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="3">
          <l>Plo&#x0364;tzlich gla&#x0364;nzt des Grei&#x017F;en Auge</l><lb/>
          <l>Einmal noch im alten Licht,</l><lb/>
          <l>Wie die halb ver&#x017F;unkne Sonne</l><lb/>
          <l>Einmal noch aus Wolken bricht.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="4">
          <l>Auch die Rede kam ihm wieder,</l><lb/>
          <l>Klang voll&#x017F;timm'ger Harfe Ton,</l><lb/>
          <l>Treue Diener horchten &#x017F;taunend,</l><lb/>
          <l>Rufen den geliebten Sohn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="5">
          <l>&#x201E;Heil!&#x201C; &#x017F;o &#x017F;prach der Sohn in Freude,</l><lb/>
          <l>&#x201E;Heil der himmli&#x017F;ch hohen Macht,</l><lb/>
          <l>Die dich aus des Innern Na&#x0364;chten,</l><lb/>
          <l>Einmal noch zuru&#x0364;ckgebracht!&#x201C;</l>
        </lg><lb/>
        <l>
</l>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0138] Koͤnig Georg von England im Jahr 1813. Tief ergraut ſtieg Englands Koͤnig Von der Vaͤter hohem Thron, Legte Scepter, goldne Krone In die Hand dem edlen Sohn. Bald ihm Licht und Rede ſchwanden, Einſam ſtand er in der Nacht, Alſo von der Welt geſchieden Hat er Jahre zugebracht. Ploͤtzlich glaͤnzt des Greiſen Auge Einmal noch im alten Licht, Wie die halb verſunkne Sonne Einmal noch aus Wolken bricht. Auch die Rede kam ihm wieder, Klang vollſtimm'ger Harfe Ton, Treue Diener horchten ſtaunend, Rufen den geliebten Sohn. „Heil!“ ſo ſprach der Sohn in Freude, „Heil der himmliſch hohen Macht, Die dich aus des Innern Naͤchten, Einmal noch zuruͤckgebracht!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/138
Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/138>, abgerufen am 22.11.2024.