Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
In den hohen Kaisersaal
Ist er rasch noch eingetreten;
Sitzend dort auf goldnem Stuhl
Hört man für das Volk ihn beten.
Reichet mir den heil'gen Leib!
Spricht er dann mit bleichem Munde,
Drauf verjüngt sich sein Gesicht,
Um die mitternächt'ge Stunde.
Da auf einmal wird der Saal
Hell von überird'schem Lichte,
Und verschieden sitzt der Held,
Himmelsruh im Angesichte.
Glocken dürfen's nicht verkünden,
Boten nicht zur Leiche bieten,
Alle Herzen längs des Rheins
Fühlen, daß der Held verschieden.
Nach dem Dome strömt das Volk
Schwarz unzähligen Gewimmels.
Der empfieng des Helden Leib,
Seinen Geist, der Dom des Himmels.


J. Kerners Gedichte. 7
In den hohen Kaiſerſaal
Iſt er raſch noch eingetreten;
Sitzend dort auf goldnem Stuhl
Hoͤrt man fuͤr das Volk ihn beten.
Reichet mir den heil'gen Leib!
Spricht er dann mit bleichem Munde,
Drauf verjuͤngt ſich ſein Geſicht,
Um die mitternaͤcht'ge Stunde.
Da auf einmal wird der Saal
Hell von uͤberird'ſchem Lichte,
Und verſchieden ſitzt der Held,
Himmelsruh im Angeſichte.
Glocken duͤrfen's nicht verkuͤnden,
Boten nicht zur Leiche bieten,
Alle Herzen laͤngs des Rheins
Fuͤhlen, daß der Held verſchieden.
Nach dem Dome ſtroͤmt das Volk
Schwarz unzaͤhligen Gewimmels.
Der empfieng des Helden Leib,
Seinen Geiſt, der Dom des Himmels.


J. Kerners Gedichte. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <l>
          <pb facs="#f0109" n="97"/>
        </l>
        <lg n="12">
          <l>In den hohen Kai&#x017F;er&#x017F;aal</l><lb/>
          <l>I&#x017F;t er ra&#x017F;ch noch eingetreten;</l><lb/>
          <l>Sitzend dort auf goldnem Stuhl</l><lb/>
          <l>Ho&#x0364;rt man fu&#x0364;r das Volk ihn beten.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="13">
          <l>Reichet mir den heil'gen Leib!</l><lb/>
          <l>Spricht er dann mit bleichem Munde,</l><lb/>
          <l>Drauf verju&#x0364;ngt &#x017F;ich &#x017F;ein Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
          <l>Um die mitterna&#x0364;cht'ge Stunde.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="14">
          <l>Da auf einmal wird der Saal</l><lb/>
          <l>Hell von u&#x0364;berird'&#x017F;chem Lichte,</l><lb/>
          <l>Und ver&#x017F;chieden &#x017F;itzt der Held,</l><lb/>
          <l>Himmelsruh im Ange&#x017F;ichte.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="15">
          <l>Glocken du&#x0364;rfen's nicht verku&#x0364;nden,</l><lb/>
          <l>Boten nicht zur Leiche bieten,</l><lb/>
          <l>Alle Herzen la&#x0364;ngs des Rheins</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;hlen, daß der Held ver&#x017F;chieden.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="16">
          <l>Nach dem Dome &#x017F;tro&#x0364;mt das Volk</l><lb/>
          <l>Schwarz unza&#x0364;hligen Gewimmels.</l><lb/>
          <l><hi rendition="#g">Der</hi> empfieng des Helden Leib,</l><lb/>
          <l>Seinen Gei&#x017F;t, der Dom des Himmels.</l>
        </lg>
      </lg><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw place="bottom" type="sig">J. Kerners Gedichte. 7</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0109] In den hohen Kaiſerſaal Iſt er raſch noch eingetreten; Sitzend dort auf goldnem Stuhl Hoͤrt man fuͤr das Volk ihn beten. Reichet mir den heil'gen Leib! Spricht er dann mit bleichem Munde, Drauf verjuͤngt ſich ſein Geſicht, Um die mitternaͤcht'ge Stunde. Da auf einmal wird der Saal Hell von uͤberird'ſchem Lichte, Und verſchieden ſitzt der Held, Himmelsruh im Angeſichte. Glocken duͤrfen's nicht verkuͤnden, Boten nicht zur Leiche bieten, Alle Herzen laͤngs des Rheins Fuͤhlen, daß der Held verſchieden. Nach dem Dome ſtroͤmt das Volk Schwarz unzaͤhligen Gewimmels. Der empfieng des Helden Leib, Seinen Geiſt, der Dom des Himmels. J. Kerners Gedichte. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/109
Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/109>, abgerufen am 05.05.2024.