Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.Geschichte einer Besessenen vom Jahr 1559 *). Im Jahre 1559 hatte ein Schmied auf der Platten, Als ihn die Prediger fragten: wer ihn dahin geschickt *) Aus Nitzschka Blumenlust.
Geschichte einer Besessenen vom Jahr 1559 *). Im Jahre 1559 hatte ein Schmied auf der Platten, Als ihn die Prediger fragten: wer ihn dahin geſchickt *) Aus Nitzſchka Blumenluſt.
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Geschichte einer Besessenen
vom Jahr 1559 *).
Im Jahre 1559 hatte ein Schmied auf der Platten,
zwey Meilen von Joachimsthal an der böhmiſchen Grenze,
eine Tochter, die das Zeugniß hatte, daß ſie fromm, züchtig
und gottesfürchtig war. Dieſe wurde von einem Dämon
beſeſſen, alſo daß derſelbe ſie oft niederwarf als hätte ſie
die fallende Sucht. Aber bald begann der Dämon aus ihr
leibhaft zu reden und zwar grauſame und wunderliche Dinge,
ſo nicht zu beſchreiben, ſo daß ein großer Zulauf von Ein-
heimiſchen und Fremden wurde. Aber die Jungfrau hat ſich
ſtets geduldig erwieſen, hat oft zu Gott gebetet, aber wann
ſie den Namen Jeſu um Erlöſung angerufen, hat ſich bald
der böſe Geiſt wieder eingefunden, iſt ihr in die Augen
geſeſſen, dieſelben aus dem Kopf getrieben, ihr die Zunge,
wie eine zuſammengedrehte Weide eine Spannelang zum
Munde herausgereckt, ihr das Angeſicht auf den Rücken ge-
wendet, ſo jämmerlich, daß es einen Stein hätte erbarmen
mögen. Es ſind alle Prediger, ſo des Orts umher geweſen,
zu ihr gekommen und haben mit ihr geſprochen, denen aber
der Teufel über alle Maßen höhniſche Antwort gegeben und
wenn man von Jeſus ihn fragte, antwortete er mit ſolchem
Spotte, daß das nicht nachzuſagen iſt.
Als ihn die Prediger fragten: wer ihn dahin geſchickt
habe? antwortete er: „Mein Herr hat es gethan, dieſen
Leib zu peinigen und zu martern.“ Man ließ die Beſeſſene
in die Kirche tragen und betete mit einer großen Menge
*) Aus Nitzſchka Blumenluſt.
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