Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.von ihr: "Diese kann doch das Gebet noch wohl anhören." Die Männer fragten: "Warum sagst du dieses, ist denn Sonntags neun Uhr, zur gewöhnlichen Zeit des Gottes- Der Satan erhob zwar ein Gebrüll und die rachgierige von ihr: „Dieſe kann doch das Gebet noch wohl anhören.“ Die Männer fragten: „Warum ſagſt du dieſes, iſt denn Sonntags neun Uhr, zur gewöhnlichen Zeit des Gottes- Der Satan erhob zwar ein Gebrüll und die rachgierige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="108"/> von ihr: „Dieſe kann doch das Gebet noch wohl anhören.“<lb/> Einer der Männer fragte: „Warum?“ Sie antwortete:<lb/> „Dieſe hat auch einen böſen Geiſt in ihr, aber er iſt ſtumm.“<lb/> Alsbald brach der Satan (der andern) aus: „Was ſtumm?<lb/> was ſtumm? greifet ihn an wie mich, er wird laut genug<lb/> werden: denn er iſt ja mein Kamerad, er kann laut genug<lb/> reden, er kann beſſer reden denn ich, er iſt ſo tückiſch, er<lb/> meint, wenn man ſeine Kreatur nicht angreife, ſo habe er<lb/> Ruhe, und wenn die Kreatur ſterbe, ſo fahre er mit der<lb/> Seele fort.“ —</p><lb/> <p>Die Männer fragten: „Warum ſagſt du dieſes, iſt denn<lb/> dein Reich uneins?“ Da antwortete er: „Der große Gott<lb/> zwingt mich dazu, daß ich es ſagen muß, wir werden<lb/> Schaden genug davon haben.“ — Oft ſchrie er: „Iſt denn<lb/> kein Pardon, iſt denn keine Gnade da?“ und bat um Er-<lb/> laubniß in eine Kornähre, oder in ein Faß, in eine Kluft,<lb/> in einen Spalt fahren zu dürfen, — es hieß aber jedes-<lb/> mal: „Nein! der Hölle zu!“</p><lb/> <p>Sonntags neun Uhr, zur gewöhnlichen Zeit des Gottes-<lb/> dienſtes, ließ ich die erſte Beſeſſene, in welcher der Satan<lb/> am offenbarſten wirkte und von welcher bisher am meiſten<lb/> die Rede geweſen, durch einige Männer in die Kirche führen,<lb/> dagegen ſich Satan mit aller Macht ſträubte. Nach ge-<lb/> ſungenem Lied: „Eine feſte Burg iſt unſer Gott“ nahm<lb/> ich, nach vorgeleſenem Gebet, den Eingang meiner Predigt<lb/> aus dem 3. Cap. Joh. v. 8. „Wer Sünde thut, der iſt vom<lb/> Teufel: denn der Teufel ſündiget von Anfang, darzu iſt<lb/> erſchienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels<lb/> zerſtöre,“ und machte mit ſolchen Worten aus Veranlaſſung<lb/> des Evangelii (Matth. 11.) eine Vorbereitung auf den Vor-<lb/> trag, was es für eine Beſchaffenheit habe 1) mit den<lb/> Werken des Teufels, 2) mit den Werken Chriſti. Teufels-<lb/> werke ſind geiſtliche Blindheit, Lahme u. ſ. w., Chriſti Werke,<lb/> die Erlöſung von ſolchen Teufelswerken und Schenkung<lb/> göttlicher Erleuchtung, Fertigkeit im Guten u. ſ. w.</p><lb/> <p>Der Satan erhob zwar ein Gebrüll und die rachgierige<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0122]
von ihr: „Dieſe kann doch das Gebet noch wohl anhören.“
Einer der Männer fragte: „Warum?“ Sie antwortete:
„Dieſe hat auch einen böſen Geiſt in ihr, aber er iſt ſtumm.“
Alsbald brach der Satan (der andern) aus: „Was ſtumm?
was ſtumm? greifet ihn an wie mich, er wird laut genug
werden: denn er iſt ja mein Kamerad, er kann laut genug
reden, er kann beſſer reden denn ich, er iſt ſo tückiſch, er
meint, wenn man ſeine Kreatur nicht angreife, ſo habe er
Ruhe, und wenn die Kreatur ſterbe, ſo fahre er mit der
Seele fort.“ —
Die Männer fragten: „Warum ſagſt du dieſes, iſt denn
dein Reich uneins?“ Da antwortete er: „Der große Gott
zwingt mich dazu, daß ich es ſagen muß, wir werden
Schaden genug davon haben.“ — Oft ſchrie er: „Iſt denn
kein Pardon, iſt denn keine Gnade da?“ und bat um Er-
laubniß in eine Kornähre, oder in ein Faß, in eine Kluft,
in einen Spalt fahren zu dürfen, — es hieß aber jedes-
mal: „Nein! der Hölle zu!“
Sonntags neun Uhr, zur gewöhnlichen Zeit des Gottes-
dienſtes, ließ ich die erſte Beſeſſene, in welcher der Satan
am offenbarſten wirkte und von welcher bisher am meiſten
die Rede geweſen, durch einige Männer in die Kirche führen,
dagegen ſich Satan mit aller Macht ſträubte. Nach ge-
ſungenem Lied: „Eine feſte Burg iſt unſer Gott“ nahm
ich, nach vorgeleſenem Gebet, den Eingang meiner Predigt
aus dem 3. Cap. Joh. v. 8. „Wer Sünde thut, der iſt vom
Teufel: denn der Teufel ſündiget von Anfang, darzu iſt
erſchienen der Sohn Gottes, daß er die Werke des Teufels
zerſtöre,“ und machte mit ſolchen Worten aus Veranlaſſung
des Evangelii (Matth. 11.) eine Vorbereitung auf den Vor-
trag, was es für eine Beſchaffenheit habe 1) mit den
Werken des Teufels, 2) mit den Werken Chriſti. Teufels-
werke ſind geiſtliche Blindheit, Lahme u. ſ. w., Chriſti Werke,
die Erlöſung von ſolchen Teufelswerken und Schenkung
göttlicher Erleuchtung, Fertigkeit im Guten u. ſ. w.
Der Satan erhob zwar ein Gebrüll und die rachgierige
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