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Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

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werde/ darvon zwischen denen/ so da disputiren/ kein Zweiffel sey/ als da seynd die Ding/ welche man mit Augen sihet.

XLIX.

4. D. Feselius vermeynet/ weil man den Himmel sehe/ so müste er ein dichtes corpus seyn vnd gar nicht so subtil wie die Lufft. Antwort: Ein Philosophus, der kein Opticus nit ist/ der redet von dem termino visus, vnd von der Vnsichtbarkeit der Lufft/ auch Sichtbarkeit deß Himmels/ wie der Blindt von der Farb. Wahr ist es/ daß die Sonne durch ein blawe Matery herab leuchte/ vnnd daß diß kein fallacia visus, sondern ein warhafftige blawe Farb sey. Das wil ich Feselio besser probieren/ als er niemaln gewust.

Er gehe in ein finsters Kämmerlin/ darvon auch droben num. 27. mache nur ein einiges kleines Löchlein auff/ vnd halt ein weiß Papier gegenvber/ da wirdt er sehen/ daß der grüne Boden von vnden auff/ das Papier oben grün/ vnnd der heyttere Himmel von oben herab/ das Papier vnten blaw färbe. Wie nun der graßechte Boden mit der grünen Farb auff dem Papier correspondiret, also muß auch der Himmel mit der blauwen Farb auff dem Papier in Warheit Gemeinschafft haben.

Es erweiset sich auch auß dem Gesicht selber: Dann was für ein Farb der Mensch siehet/ dieselbige steht jnnerhalb deß Auges an der holen retiformi tunica leibhafftig abgemahlet/ vnd muß derhalben ein solcher blawer Schein entweder von dem corpore selber herabfliessen/ oder muß sich in den humoribus oculi tingiren/ oder muß von Blödigkeit deß Gesichts ex violenta impressione speciei albae, post visionem aliquantisper inhaerentis entstehen: quartum non datur. Wann aber die humores oculi dran schuldig/ so sehe solches ein anderer an einem solchen Aug. Vnd wann es were ex impressione forti, so vergieng es in kurtzer zeit. Weil aber alle Menschen/ auch die die allerreyneste Augen haben/ den Himmel jederzeit/ wann es vnter Tags heytter für blaw ansehen/ so muß er warhafftig blaw seyn.

Aber hie ist die Frage : Ob solche blauwe Farb auß dem allertieffesten

Giijr

werde/ darvon zwischen denen/ so da disputiren/ kein Zweiffel sey/ als da seynd die Ding/ welche man mit Augen sihet.

XLIX.

4. D. Feselius vermeynet/ weil man den Himmel sehe/ so müste er ein dichtes corpus seyn vnd gar nicht so subtil wie die Lufft. Antwort: Ein Philosophus, der kein Opticus nit ist/ der redet von dem termino visus, vnd von der Vnsichtbarkeit der Lufft/ auch Sichtbarkeit deß Himmels/ wie der Blindt von der Farb. Wahr ist es/ daß die Sonne durch ein blawe Matery herab leuchte/ vnnd daß diß kein fallacia visus, sondern ein warhafftige blawe Farb sey. Das wil ich Feselio besser probieren/ als er niemaln gewust.

Er gehe in ein finsters Kämmerlin/ darvon auch droben num. 27. mache nur ein einiges kleines Löchlein auff/ vnd halt ein weiß Papier gegenvber/ da wirdt er sehen/ daß der grüne Boden von vnden auff/ das Papier oben grün/ vnnd der heyttere Himmel von oben herab/ das Papier vnten blaw färbe. Wie nun der graßechte Boden mit der grünen Farb auff dem Papier correspondiret, also muß auch der Himmel mit der blauwen Farb auff dem Papier in Warheit Gemeinschafft haben.

Es erweiset sich auch auß dem Gesicht selber: Dann was für ein Farb der Mensch siehet/ dieselbige steht jnnerhalb deß Auges an der holen retiformi tunica leibhafftig abgemahlet/ vnd muß derhalben ein solcher blawer Schein entweder von dem corpore selber herabfliessen/ oder muß sich in den humoribus oculi tingiren/ oder muß von Blödigkeit deß Gesichts ex violenta impressione speciei albae, post visionem aliquantisper inhaerentis entstehen: quartum non datur. Wann aber die humores oculi dran schuldig/ so sehe solches ein anderer an einem solchen Aug. Vnd wann es were ex impressione forti, so vergieng es in kurtzer zeit. Weil aber alle Menschen/ auch die die allerreyneste Augen haben/ den Himmel jederzeit/ wann es vnter Tags heytter für blaw ansehen/ so muß er warhafftig blaw seyn.

Aber hie ist die Frage : Ob solche blauwe Farb auß dem allertieffesten

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



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Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Giijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/72>, abgerufen am 18.05.2024.