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Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

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sich bekennet/ vnd ich mich auch bekenne: Derohalben ich vnser beyder halben diesen Puncten beantworten muß.

1. Feselius sagt/ es sey der Physicae zuwider. Jch sage nein darzu/ es muß erwiesen werden. Wann Feselius etwas sagt als ein Medicus, so muß ich schweigen/ wann ers gleich nit probiert/ wann er aber redet als ein Physicus, so bin ich auch einer mit/ vnd gilt mein nein so viel als sein ja/ biß ein jeder das seinige probiert.

2. Feselius sagt aber/ es sey auch der H. Schrifft zuwider/ weil sie vieler Himmel gedencke. Antwort/ Was das Wort Himmel in plurali anlanget/ das beweiset nichts/ dann die Dolmetscher/ wie hie Feselius bekennet/ setzen im Lateinischen im ersten Buch Mosis am 1. Cap. das singulare coelum, da doch im Hebraischen (das Feselius nicht betrachtet) das plurale haschamajim eben so wol am selbigen Ort stehet/ als im 19. Psalmen. Dahero zu gläuben/ daß es auch in die Griechische Spraach kommen sey: oder hat auch die Art der Griechischen vnnd Lateinischen Spraach darzu verholffen/ daß man sagt/ wir werden ererben regnum coelorum, meinendt das Reich in dem Himmel/ der vns zur Seligkeit bereyttet ist. Welches zwar die Teutsche nicht wol leyden mag/ es bedeute dann warhafftig mehr dann einen Himmel. Wann aber in heyliger Schrifft außdrücklich einer Anzahl der Himmel/ oder aller Himmeln gedacht/oder auch den Vrsachen nachtrachtet wirdt: Warvmb die Hebraische Spraach allezeit deß Himmels gedencke/ als ob jhrer viel weren/ da mag man die Theologos drüber hören/ dann jhre mehrere Himmel gehören nicht in die Physicam, außgenommen/ daß diese nidrige Lufft auch Himmel/ vnd die Vögel Tzippor schammajim genennet werden. Vnd mag neben der Theologorum Außlegung gar wol fürgegeben werden/ daß alle Sterne nur in einem Himmel stehen/ der Meynung dann viel treffliche Griechische vnnd Lateinische Patres gewest.

3. Ferrners wil Feselio nicht eyngehen/ daß der Himmel flüssig/ vnd durchtringlich seye/ vnd die Planeten drinnen wie die Vögel in der Lufft daher fliehen sollen/ daß der Himmel hinder jhnen allezeit wider

Gijr

sich bekennet/ vnd ich mich auch bekenne: Derohalben ich vnser beyder halben diesen Puncten beantworten muß.

1. Feselius sagt/ es sey der Physicae zuwider. Jch sage nein darzu/ es muß erwiesen werden. Wann Feselius etwas sagt als ein Medicus, so muß ich schweigen/ wann ers gleich nit probiert/ wann er aber redet als ein Physicus, so bin ich auch einer mit/ vnd gilt mein nein so viel als sein ja/ biß ein jeder das seinige probiert.

2. Feselius sagt aber/ es sey auch der H. Schrifft zuwider/ weil sie vieler Himmel gedencke. Antwort/ Was das Wort Himmel in plurali anlanget/ das beweiset nichts/ dann die Dolmetscher/ wie hie Feselius bekennet/ setzen im Lateinischen im ersten Buch Mosis am 1. Cap. das singulare coelum, da doch im Hebraischen (das Feselius nicht betrachtet) das plurale haschamajim eben so wol am selbigen Ort stehet/ als im 19. Psalmen. Dahero zu gläuben/ daß es auch in die Griechische Spraach kommen sey: oder hat auch die Art der Griechischen vnnd Lateinischen Spraach darzu verholffen/ daß man sagt/ wir werden ererben regnum coelorum, meinendt das Reich in dem Himmel/ der vns zur Seligkeit bereyttet ist. Welches zwar die Teutsche nicht wol leyden mag/ es bedeute dann warhafftig mehr dann einen Himmel. Wann aber in heyliger Schrifft außdrücklich einer Anzahl der Himmel/ oder aller Himmeln gedacht/oder auch den Vrsachen nachtrachtet wirdt: Warvmb die Hebraische Spraach allezeit deß Himmels gedencke/ als ob jhrer viel weren/ da mag man die Theologos drüber hören/ dann jhre mehrere Himmel gehören nicht in die Physicam, außgenommen/ daß diese nidrige Lufft auch Himmel/ vnd die Vögel Tzippor schammajim genennet werden. Vnd mag neben der Theologorum Außlegung gar wol fürgegeben werden/ daß alle Sterne nur in einem Himmel stehen/ der Meynung dann viel treffliche Griechische vnnd Lateinische Patres gewest.

3. Ferrners wil Feselio nicht eyngehen/ daß der Himmel flüssig/ vnd durchtringlich seye/ vnd die Planeten drinnen wie die Vögel in der Lufft daher fliehen sollen/ daß der Himmel hinder jhnen allezeit wider

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



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Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Gijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/70>, abgerufen am 24.11.2024.