Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.durch Ersetzung etlicher massen vnsterblich seyn solte. Darmit aber die Eltern sich durch Vnformlichkeit in actu generandi, so auch durch einige Bemühung in Auffzucht der Kinder/ nicht abhalten liessen/ Kinder miteinander zu zeugen: Hat er vnter andern Ergetzlichkeiten vnd Antreiben (als da ist die natürliche starcke Neygung zu eygnen Leibserben/ Jtem die folgende Frewde/ welche die Eltern an jhren lieben Kindern haben) auch die Liebligkeit beygefüget/ vnd zu Erhaltung guter Ordnung/ je zweyen Personen eine jnnbrünstige Liebe gegeneinander eyngepflantzet/ damit also zwey/ vnd nicht mehr/ ein Leib würden. Vnd erachte ich/ daß der Mensch im Standt der Vnschuldt gar wol ohne alle Sünde/ nemlich ad arbitrium legi Dei conforme dieser natürlichen Bewegungen sich hette gebrauchen können. Dann was der heylige Augustinus de ciuitate Dei diesem zuwider bestreitten wil/ kömpt dahero/ weil nach dem Fall von keiner lieblichen Empfindtlichkeit ohne vnordentliche sündliche Begierde/ Bewegung vnd Wollust mag gedacht/ geschweigen geredt werden. Einmal ist dasjenige/ was heutiges Tags bey Erzeugung der Kinder fürläufft/ an vnd für sich selber/ ohne Ansehung der Sünde/ ein Stück der Natur/ vnd derohalben meistentheils vns vernünfftigen mit andern vnvernünfftigen Creaturen gemein: solte diß nit vor dem Fall gewest seyn/ so müste es nach dem Fall entweder von der Sünde in die Natur gepflantzt/ vnd dieselbige also an einer wesentlichen Eygenschafft verändert worden seyn: oder Gott selbst müste von der Sünde wegen etwas neuwes an der Natur gemacht haben. Weil aber deren keins zu gläuben/ so bleibt es demnach darbey/ daß diese Lieblichkeit vnd Anmuhtung der Natur von Gott selber/ wo nicht dem Standt der Vnschuldt/ doch dem Menschen der da fallen können würde/ zu nohtwendigem Behelff/ ohne einige sündtliche Gebrechen anfangs erdacht/ vnnd zu dem Ende gerichtet worden sey/ darmit das menschliche Geschlecht also wider alle mügliche Fälle fortgepflantzet/ vnnd diese Ordnung Gottes erhalten würde. Aijv
durch Ersetzung etlicher massen vnsterblich seyn solte. Darmit aber die Eltern sich durch Vnformlichkeit in actu generandi, so auch durch einige Bemühung in Auffzucht der Kinder/ nicht abhalten liessen/ Kinder miteinander zu zeugen: Hat er vnter andern Ergetzlichkeiten vnd Antreiben (als da ist die natürliche starcke Neygung zu eygnen Leibserben/ Jtem die folgende Frewde/ welche die Eltern an jhren lieben Kindern haben) auch die Liebligkeit beygefüget/ vnd zu Erhaltung guter Ordnung/ je zweyen Personen eine jnnbrünstige Liebe gegeneinander eyngepflantzet/ damit also zwey/ vnd nicht mehr/ ein Leib würden. Vnd erachte ich/ daß der Mensch im Standt der Vnschuldt gar wol ohne alle Sünde/ nemlich ad arbitrium legi Dei conforme dieser natürlichen Bewegungen sich hette gebrauchen können. Dann was der heylige Augustinus de ciuitate Dei diesem zuwider bestreitten wil/ kömpt dahero/ weil nach dem Fall von keiner lieblichen Empfindtlichkeit ohne vnordentliche sündliche Begierde/ Bewegung vnd Wollust mag gedacht/ geschweigen geredt werden. Einmal ist dasjenige/ was heutiges Tags bey Erzeugung der Kinder fürläufft/ an vnd für sich selber/ ohne Ansehung der Sünde/ ein Stück der Natur/ vnd derohalben meistentheils vns vernünfftigen mit andern vnvernünfftigen Creaturen gemein: solte diß nit vor dem Fall gewest seyn/ so müste es nach dem Fall entweder von der Sünde in die Natur gepflantzt/ vnd dieselbige also an einer wesentlichen Eygenschafft verändert worden seyn: oder Gott selbst müste von der Sünde wegen etwas neuwes an der Natur gemacht haben. Weil aber deren keins zu gläuben/ so bleibt es demnach darbey/ daß diese Lieblichkeit vnd Anmuhtung der Natur von Gott selber/ wo nicht dem Standt der Vnschuldt/ doch dem Menschen der da fallen können würde/ zu nohtwendigem Behelff/ ohne einige sündtliche Gebrechen anfangs erdacht/ vnnd zu dem Ende gerichtet worden sey/ darmit das menschliche Geschlecht also wider alle mügliche Fälle fortgepflantzet/ vnnd diese Ordnung Gottes erhalten würde. Aijv
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durch Ersetzung etlicher massen vnsterblich seyn solte. Darmit aber die Eltern sich durch Vnformlichkeit in actu generandi, so auch durch einige Bemühung in Auffzucht der Kinder/ nicht abhalten liessen/ Kinder miteinander zu zeugen: Hat er vnter andern Ergetzlichkeiten vnd Antreiben (als da ist die natürliche starcke Neygung zu eygnen Leibserben/ Jtem die folgende Frewde/ welche die Eltern an jhren lieben Kindern haben) auch die Liebligkeit beygefüget/ vnd zu Erhaltung guter Ordnung/ je zweyen Personen eine jnnbrünstige Liebe gegeneinander eyngepflantzet/ damit also zwey/ vnd nicht mehr/ ein Leib würden.
Vnd erachte ich/ daß der Mensch im Standt der Vnschuldt gar wol ohne alle Sünde/ nemlich ad arbitrium legi Dei conforme dieser natürlichen Bewegungen sich hette gebrauchen können. Dann was der heylige Augustinus de ciuitate Dei diesem zuwider bestreitten wil/ kömpt dahero/ weil nach dem Fall von keiner lieblichen Empfindtlichkeit ohne vnordentliche sündliche Begierde/ Bewegung vnd Wollust mag gedacht/ geschweigen geredt werden.
Einmal ist dasjenige/ was heutiges Tags bey Erzeugung der Kinder fürläufft/ an vnd für sich selber/ ohne Ansehung der Sünde/ ein Stück der Natur/ vnd derohalben meistentheils vns vernünfftigen mit andern vnvernünfftigen Creaturen gemein: solte diß nit vor dem Fall gewest seyn/ so müste es nach dem Fall entweder von der Sünde in die Natur gepflantzt/ vnd dieselbige also an einer wesentlichen Eygenschafft verändert worden seyn: oder Gott selbst müste von der Sünde wegen etwas neuwes an der Natur gemacht haben. Weil aber deren keins zu gläuben/ so bleibt es demnach darbey/ daß diese Lieblichkeit vnd Anmuhtung der Natur von Gott selber/ wo nicht dem Standt der Vnschuldt/ doch dem Menschen der da fallen können würde/ zu nohtwendigem Behelff/ ohne einige sündtliche Gebrechen anfangs erdacht/ vnnd zu dem Ende gerichtet worden sey/ darmit das menschliche Geschlecht also wider alle mügliche Fälle fortgepflantzet/ vnnd diese Ordnung Gottes erhalten würde.
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Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.
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