Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.Gleich wie ein Medicus auß eines stachelichten Baums ersten Anblick jhme den Wohn schöpffe/ er trage sauwre beissende Früchten: trauwet aber nicht/ bricht eine Frucht ab/ vnd kostet dieselbige/ damit also eins dem andern die Handt biete/ vnd beyde Gedancken mit einander gestärcket werden. Es wil aber D. Feselius nun fürs ander fürgeben/ die Stern seyen an jhren Kugeln nicht gefärbet/ sondern es werden jhre Liechtstreymen erst im durchgang durch den Himmel biß zu vns herab/ gefärbet: Gleich wie droben num. 28. gesagt/ daß der Sonnen Schein im Regenwasser gefärbet werde/ vnd den Regenbogen vervrsache. Spricht/ es sey die Farb nicht ein Ding mit dem Liecht: das ist zwar eins theils wahr/ der Apffel behält seine rohte Farb auch im Keller/ wann jhn schon niemandt siehet. Wann man aber den Apffel siehet/ so siehet man jhn durch einen Liechtstralen/ der vom Apffel ins Aug gehet. Da mag man das Liecht von der Farb nicht abscheiden/ denn das Liecht ist roth so wol als der Apffel: vnnd die röhte im Liecht praesupponirt die andere röhte im Apffel. Darmit nun das Exempel zu den Sternen gezogen werde/ so ist auch etlicher Planeten vnd Fixsternen Liecht roht/ vnd praesupponirt derowegen eine andere röhte entweder im Durchgang/ oder an den Sternen selber. Welches aber auß diesen zweyen wahr/ muß man also vnterscheyden. Wann alle grosse Sterne gleich roht scheinen/ aber solches bald vergehet/ so ist die Schuldt an dem Lufft/ durch welchen die Sterne herab leuchten/ geschiehet/ wann die Sterne nidrig stehen. Wann aber zween Planeten oder Sterne neben einander stehen/ vnd nur einer roht ist/ auch jederzeit roht bleibt/ so kans Durchgang nicht vervrsachen/ sonst würde es Nachbaurn auch begegnen. Diß ist auch von der Nähe der Sonnen zu verstehen/ dann Venus ist näher bey der Sonnen dann Mars, Jupiter aber ist weytter darvon/ vnd ist doch nur Mars roth. Tv
Gleich wie ein Medicus auß eines stachelichten Baums ersten Anblick jhme den Wohn schöpffe/ er trage sauwre beissende Früchten: trauwet aber nicht/ bricht eine Frucht ab/ vnd kostet dieselbige/ damit also eins dem andern die Handt biete/ vnd beyde Gedancken mit einander gestärcket werden. Es wil aber D. Feselius nun fürs ander fürgeben/ die Stern seyen an jhren Kugeln nicht gefärbet/ sondern es werden jhre Liechtstreymen erst im durchgang durch den Himmel biß zu vns herab/ gefärbet: Gleich wie droben num. 28. gesagt/ daß der Sonnen Schein im Regenwasser gefärbet werde/ vnd den Regenbogen vervrsache. Spricht/ es sey die Farb nicht ein Ding mit dem Liecht: das ist zwar eins theils wahr/ der Apffel behält seine rohte Farb auch im Keller/ wann jhn schon niemandt siehet. Wann man aber den Apffel siehet/ so siehet man jhn durch einen Liechtstralen/ der vom Apffel ins Aug gehet. Da mag man das Liecht von der Farb nicht abscheiden/ denn das Liecht ist roth so wol als der Apffel: vnnd die röhte im Liecht praesupponirt die andere röhte im Apffel. Darmit nun das Exempel zu den Sternen gezogen werde/ so ist auch etlicher Planeten vnd Fixsternen Liecht roht/ vnd praesupponirt derowegen eine andere röhte entweder im Durchgang/ oder an den Sternen selber. Welches aber auß diesen zweyen wahr/ muß man also vnterscheyden. Wann alle grosse Sterne gleich roht scheinen/ aber solches bald vergehet/ so ist die Schuldt an dem Lufft/ durch welchen die Sterne herab leuchten/ geschiehet/ wann die Sterne nidrig stehen. Wann aber zween Planeten oder Sterne neben einander stehen/ vnd nur einer roht ist/ auch jederzeit roht bleibt/ so kans Durchgang nicht vervrsachen/ sonst würde es Nachbaurn auch begegnen. Diß ist auch von der Nähe der Sonnen zu verstehen/ dann Venus ist näher bey der Sonnen dann Mars, Jupiter aber ist weytter darvon/ vnd ist doch nur Mars roth. Tv
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0163" n="[Tv]"/> Gleich wie ein <hi rendition="#aq">Medicus </hi>auß eines stachelichten Baums ersten Anblick jhme den Wohn schöpffe/ er trage sauwre beissende Früchten: trauwet aber nicht/ bricht eine Frucht ab/ vnd kostet dieselbige/ damit also eins dem andern die Handt biete/ vnd beyde Gedancken mit einander gestärcket werden. </p> <p> Es wil aber <hi rendition="#aq">D. Feselius</hi> nun fürs ander fürgeben/ die Stern seyen an jhren Kugeln nicht gefärbet/ sondern es werden jhre Liechtstreymen erst im durchgang durch den Himmel biß zu vns herab/ gefärbet: Gleich wie droben <hi rendition="#aq">num</hi>. 28. gesagt/ daß der Sonnen Schein im Regenwasser gefärbet werde/ vnd den Regenbogen vervrsache. </p> <p> Spricht/ es sey die Farb nicht ein Ding mit dem Liecht: das ist zwar eins theils wahr/ der Apffel behält seine rohte Farb auch im Keller/ wann jhn schon niemandt siehet. Wann man aber den Apffel siehet/ so siehet man jhn durch einen Liechtstralen/ der vom Apffel ins Aug gehet. Da mag man das Liecht von der Farb nicht abscheiden/ denn das Liecht ist roth so wol als der Apffel: vnnd die röhte im Liecht <hi rendition="#aq">praesupponirt</hi> die andere röhte im Apffel. </p> <p> Darmit nun das Exempel zu den Sternen gezogen werde/ so ist auch etlicher Planeten vnd <hi rendition="#aq">Fix</hi>sternen Liecht roht/ vnd <hi rendition="#aq">praesupponirt</hi> derowegen eine andere röhte entweder im Durchgang/ oder an den Sternen selber. </p> <p> Welches aber auß diesen zweyen wahr/ muß man also vnterscheyden. </p> <p> Wann alle grosse Sterne gleich roht scheinen/ aber solches bald vergehet/ so ist die Schuldt an dem Lufft/ durch welchen die Sterne herab leuchten/ geschiehet/ wann die Sterne nidrig stehen. </p> <p> Wann aber zween Planeten oder Sterne neben einander stehen/ vnd nur einer roht ist/ auch jederzeit roht bleibt/ so kans Durchgang nicht vervrsachen/ sonst würde es Nachbaurn auch begegnen. </p> <p> Diß ist auch von der Nähe der Sonnen zu verstehen/ dann <hi rendition="#aq">Venus </hi>ist näher bey der Sonnen dann <hi rendition="#aq">Mars, Jupiter </hi>aber ist weytter darvon/ vnd ist doch nur Mars roth. </p> <fw type="sig" place="bottom">Tv</fw> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[Tv]/0163]
Gleich wie ein Medicus auß eines stachelichten Baums ersten Anblick jhme den Wohn schöpffe/ er trage sauwre beissende Früchten: trauwet aber nicht/ bricht eine Frucht ab/ vnd kostet dieselbige/ damit also eins dem andern die Handt biete/ vnd beyde Gedancken mit einander gestärcket werden.
Es wil aber D. Feselius nun fürs ander fürgeben/ die Stern seyen an jhren Kugeln nicht gefärbet/ sondern es werden jhre Liechtstreymen erst im durchgang durch den Himmel biß zu vns herab/ gefärbet: Gleich wie droben num. 28. gesagt/ daß der Sonnen Schein im Regenwasser gefärbet werde/ vnd den Regenbogen vervrsache.
Spricht/ es sey die Farb nicht ein Ding mit dem Liecht: das ist zwar eins theils wahr/ der Apffel behält seine rohte Farb auch im Keller/ wann jhn schon niemandt siehet. Wann man aber den Apffel siehet/ so siehet man jhn durch einen Liechtstralen/ der vom Apffel ins Aug gehet. Da mag man das Liecht von der Farb nicht abscheiden/ denn das Liecht ist roth so wol als der Apffel: vnnd die röhte im Liecht praesupponirt die andere röhte im Apffel.
Darmit nun das Exempel zu den Sternen gezogen werde/ so ist auch etlicher Planeten vnd Fixsternen Liecht roht/ vnd praesupponirt derowegen eine andere röhte entweder im Durchgang/ oder an den Sternen selber.
Welches aber auß diesen zweyen wahr/ muß man also vnterscheyden.
Wann alle grosse Sterne gleich roht scheinen/ aber solches bald vergehet/ so ist die Schuldt an dem Lufft/ durch welchen die Sterne herab leuchten/ geschiehet/ wann die Sterne nidrig stehen.
Wann aber zween Planeten oder Sterne neben einander stehen/ vnd nur einer roht ist/ auch jederzeit roht bleibt/ so kans Durchgang nicht vervrsachen/ sonst würde es Nachbaurn auch begegnen.
Diß ist auch von der Nähe der Sonnen zu verstehen/ dann Venus ist näher bey der Sonnen dann Mars, Jupiter aber ist weytter darvon/ vnd ist doch nur Mars roth.
Tv
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/163 |
Zitationshilfe: | Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Tv]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/163>, abgerufen am 22.07.2024. |