Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

über den Ursprung der Sprachen.
vor tausend Jahren gesagt hat: mit der Hand,
so wird man in wieder tausend Jahren vermuthlich
nicht der Hand mit, anstatt unglücklich nicht
glücklichun, anstatt in der Stube sind viel
Weiber
nicht Stube in ist viel Weib sagen.
Die das Geschlecht bezeichnenden Artikel werden wohl
ewig unterschieden bleiben. Spricht man gleich in
manchen Provinzen der Luft, der Butter, so
ist doch nicht glaublich, daß man mit der Zeit
auch der Frau, der Magd, der Henne und
der Holz sagen wird. Und doch ist das alles
ganz so in der ungarischen Sprache, folglich ist sie
in ihrem Bau von anderen europäischen Sprachen
sehr unterschieden, folglich kann sie mit denselben kei-
nen gemeinschaftlichen Ursprung gehabt haben. Wir
wollen hier nur etwas weniges von ihrem Bau be-
trachten.

Die ungarische Sprache hat meist statt Präpo-
sitionen nur Postpositionen die dem Nennworte an-
gehanget, und mit demselben in Eines verbunden
sind. Erdö heißt Wald, Erdöben in dem Walde.
Vaß heißt Eisen, aus Eisen Vaßbol. Durch

die

uͤber den Urſprung der Sprachen.
vor tauſend Jahren geſagt hat: mit der Hand,
ſo wird man in wieder tauſend Jahren vermuthlich
nicht der Hand mit, anſtatt ungluͤcklich nicht
gluͤcklichun, anſtatt in der Stube ſind viel
Weiber
nicht Stube in iſt viel Weib ſagen.
Die das Geſchlecht bezeichnenden Artikel werden wohl
ewig unterſchieden bleiben. Spricht man gleich in
manchen Provinzen der Luft, der Butter, ſo
iſt doch nicht glaublich, daß man mit der Zeit
auch der Frau, der Magd, der Henne und
der Holz ſagen wird. Und doch iſt das alles
ganz ſo in der ungariſchen Sprache, folglich iſt ſie
in ihrem Bau von anderen europaͤiſchen Sprachen
ſehr unterſchieden, folglich kann ſie mit denſelben kei-
nen gemeinſchaftlichen Urſprung gehabt haben. Wir
wollen hier nur etwas weniges von ihrem Bau be-
trachten.

Die ungariſche Sprache hat meiſt ſtatt Praͤpo-
ſitionen nur Poſtpoſitionen die dem Nennworte an-
gehanget, und mit demſelben in Eines verbunden
ſind. Erdö heißt Wald, Erdöben in dem Walde.
Vaß heißt Eiſen, aus Eiſen Vaßból. Durch

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0073" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber den Ur&#x017F;prung der Sprachen</hi>.</fw><lb/>
vor tau&#x017F;end Jahren ge&#x017F;agt hat: <hi rendition="#g">mit der Hand</hi>,<lb/>
&#x017F;o wird man in wieder tau&#x017F;end Jahren vermuthlich<lb/>
nicht <hi rendition="#g">der Hand mit</hi>, an&#x017F;tatt <hi rendition="#g">unglu&#x0364;cklich</hi> nicht<lb/><hi rendition="#g">glu&#x0364;cklichun</hi>, an&#x017F;tatt <hi rendition="#g">in der Stube &#x017F;ind viel<lb/>
Weiber</hi> nicht <hi rendition="#g">Stube in i&#x017F;t viel Weib</hi> &#x017F;agen.<lb/>
Die das Ge&#x017F;chlecht bezeichnenden Artikel werden wohl<lb/>
ewig unter&#x017F;chieden bleiben. Spricht man gleich in<lb/>
manchen Provinzen <hi rendition="#g">der Luft, der Butter,</hi> &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t doch nicht glaublich, daß man mit der Zeit<lb/>
auch <hi rendition="#g">der Frau, der Magd, der Henne</hi> und<lb/><hi rendition="#g">der Holz</hi> &#x017F;agen wird. Und doch i&#x017F;t das alles<lb/>
ganz &#x017F;o in der ungari&#x017F;chen Sprache, folglich i&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
in ihrem Bau von anderen europa&#x0364;i&#x017F;chen Sprachen<lb/>
&#x017F;ehr unter&#x017F;chieden, folglich kann &#x017F;ie mit den&#x017F;elben kei-<lb/>
nen gemein&#x017F;chaftlichen Ur&#x017F;prung gehabt haben. Wir<lb/>
wollen hier nur etwas weniges von ihrem Bau be-<lb/>
trachten.</p><lb/>
          <p>Die ungari&#x017F;che Sprache hat mei&#x017F;t &#x017F;tatt Pra&#x0364;po-<lb/>
&#x017F;itionen nur Po&#x017F;tpo&#x017F;itionen die dem Nennworte an-<lb/>
gehanget, und mit dem&#x017F;elben in Eines verbunden<lb/>
&#x017F;ind. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Erdö</hi></hi> heißt <hi rendition="#g">Wald</hi>, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Erdöben</hi></hi> <hi rendition="#g">in dem Walde</hi>.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vaß</hi></hi> heißt <hi rendition="#g">Ei&#x017F;en, aus Ei&#x017F;en</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vaßból</hi></hi>. Durch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0073] uͤber den Urſprung der Sprachen. vor tauſend Jahren geſagt hat: mit der Hand, ſo wird man in wieder tauſend Jahren vermuthlich nicht der Hand mit, anſtatt ungluͤcklich nicht gluͤcklichun, anſtatt in der Stube ſind viel Weiber nicht Stube in iſt viel Weib ſagen. Die das Geſchlecht bezeichnenden Artikel werden wohl ewig unterſchieden bleiben. Spricht man gleich in manchen Provinzen der Luft, der Butter, ſo iſt doch nicht glaublich, daß man mit der Zeit auch der Frau, der Magd, der Henne und der Holz ſagen wird. Und doch iſt das alles ganz ſo in der ungariſchen Sprache, folglich iſt ſie in ihrem Bau von anderen europaͤiſchen Sprachen ſehr unterſchieden, folglich kann ſie mit denſelben kei- nen gemeinſchaftlichen Urſprung gehabt haben. Wir wollen hier nur etwas weniges von ihrem Bau be- trachten. Die ungariſche Sprache hat meiſt ſtatt Praͤpo- ſitionen nur Poſtpoſitionen die dem Nennworte an- gehanget, und mit demſelben in Eines verbunden ſind. Erdö heißt Wald, Erdöben in dem Walde. Vaß heißt Eiſen, aus Eiſen Vaßból. Durch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/73
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/73>, abgerufen am 21.11.2024.