"-- -- doch endlich hab ich ihn zum weichen ge- "bracht -- bleibt nur Herr! -- ich hab' ihn schon "fortgejagt. -- Hätt' ich ihn nur in die Füße bei- "ßen können. Herr! es thut mir weh, daß ich "ein so schwaches Thier war. -- -- Der Verwe- "gene -- nach mir zu schlagen!
Wer je auf seinen Hund ein wenig aufmerk- sam gewesen ist, wird in seiner Stube, ohne ihn zu sehen, diese seine Sprache verstehen, er wird ungefähr angeben können, wie weit der kommende Fremde noch entfernet ist, wann er an das Haus- thor tritt, wann er den Stock aufhebt, wann er wieder fortgeht, wie weit er schon weg ist etc. Der Hund hat ausser dem Bellen noch verschiedene Tö- ne, durch die er den Zustand seines Jnneren zu er- kennen gibt. Wenn er stärker oder schwächer ge- schlagen wird, wenn er nur mit Schlägen bedroht wird, wenn er heftigen, anhaltenden, oder schwä- cheren Schmerz leidet, so hat er zu einem jeden dieser Grade sein eigenes Geschrey oder Winseln. Quält ihn die Liebe, kann oder darf er dem Ge- genstand seines Verlangens nicht nahe kommen, so
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Von der Sprache uͤberhaupt.
„— — doch endlich hab ich ihn zum weichen ge- „bracht — bleibt nur Herr! — ich hab' ihn ſchon „fortgejagt. — Haͤtt' ich ihn nur in die Fuͤße bei- „ßen koͤnnen. Herr! es thut mir weh, daß ich „ein ſo ſchwaches Thier war. — — Der Verwe- „gene — nach mir zu ſchlagen!
Wer je auf ſeinen Hund ein wenig aufmerk- ſam geweſen iſt, wird in ſeiner Stube, ohne ihn zu ſehen, dieſe ſeine Sprache verſtehen, er wird ungefaͤhr angeben koͤnnen, wie weit der kommende Fremde noch entfernet iſt, wann er an das Haus- thor tritt, wann er den Stock aufhebt, wann er wieder fortgeht, wie weit er ſchon weg iſt ꝛc. Der Hund hat auſſer dem Bellen noch verſchiedene Toͤ- ne, durch die er den Zuſtand ſeines Jnneren zu er- kennen gibt. Wenn er ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ge- ſchlagen wird, wenn er nur mit Schlaͤgen bedroht wird, wenn er heftigen, anhaltenden, oder ſchwaͤ- cheren Schmerz leidet, ſo hat er zu einem jeden dieſer Grade ſein eigenes Geſchrey oder Winſeln. Quaͤlt ihn die Liebe, kann oder darf er dem Ge- genſtand ſeines Verlangens nicht nahe kommen, ſo
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Von der Sprache uͤberhaupt.
„— — doch endlich hab ich ihn zum weichen ge-
„bracht — bleibt nur Herr! — ich hab' ihn ſchon
„fortgejagt. — Haͤtt' ich ihn nur in die Fuͤße bei-
„ßen koͤnnen. Herr! es thut mir weh, daß ich
„ein ſo ſchwaches Thier war. — — Der Verwe-
„gene — nach mir zu ſchlagen!
Wer je auf ſeinen Hund ein wenig aufmerk-
ſam geweſen iſt, wird in ſeiner Stube, ohne ihn
zu ſehen, dieſe ſeine Sprache verſtehen, er wird
ungefaͤhr angeben koͤnnen, wie weit der kommende
Fremde noch entfernet iſt, wann er an das Haus-
thor tritt, wann er den Stock aufhebt, wann er
wieder fortgeht, wie weit er ſchon weg iſt ꝛc. Der
Hund hat auſſer dem Bellen noch verſchiedene Toͤ-
ne, durch die er den Zuſtand ſeines Jnneren zu er-
kennen gibt. Wenn er ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ge-
ſchlagen wird, wenn er nur mit Schlaͤgen bedroht
wird, wenn er heftigen, anhaltenden, oder ſchwaͤ-
cheren Schmerz leidet, ſo hat er zu einem jeden
dieſer Grade ſein eigenes Geſchrey oder Winſeln.
Quaͤlt ihn die Liebe, kann oder darf er dem Ge-
genſtand ſeines Verlangens nicht nahe kommen, ſo
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/35>, abgerufen am 18.12.2024.
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