rückfahren, und dabey ein ganz anderes mit Weh- klagen vermischtes Bellen annehmen. Geht der Mensch sodann seines Weges fort, so wird ihm der Hund mit neuer Herzhaftigkeit folgen, und im- mer heftig nachbellen bis er ihn aus dem Gesichte verliert, und da wird sein Bellen nur stuffenweise wieder abnehmen. Man wird endlich glauben, nun habe er ganz aufgehört. Allein wenn ihm wieder einfällt, wie übel er behandelt, und wie schändlich er zurückgewiesen worden ist, so wird er gar oft auf das neue zu bellen anfangen, aber das wird wieder ein ganz anderes Bellen seyn, ein mit Win- seln vermischtes Gebell, das Mißvergnügen und Un- zufriedenheit mit sich selbst andeutet.
Was will nun der Hund mit diesem seinen verschiedenen Geschrey? Nothwendig muß er eine Absicht dabey haben. Diese kann zweyfach seyn. Er kann entweder den Kommenden zurückschrecken, oder seinem Herrn die bevorstehende Gefahr, verun- glückt zu werden, ankündigen wollen; wie wenn er ungefähr sagen wollte:(*) "Du Ding, das ich
höre,
(*) Ungefähr sagen wollte: Vernünftige Leser wer-
den
A 3
Von der Sprache uͤberhaupt.
ruͤckfahren, und dabey ein ganz anderes mit Weh- klagen vermiſchtes Bellen annehmen. Geht der Menſch ſodann ſeines Weges fort, ſo wird ihm der Hund mit neuer Herzhaftigkeit folgen, und im- mer heftig nachbellen bis er ihn aus dem Geſichte verliert, und da wird ſein Bellen nur ſtuffenweiſe wieder abnehmen. Man wird endlich glauben, nun habe er ganz aufgehoͤrt. Allein wenn ihm wieder einfaͤllt, wie uͤbel er behandelt, und wie ſchaͤndlich er zuruͤckgewieſen worden iſt, ſo wird er gar oft auf das neue zu bellen anfangen, aber das wird wieder ein ganz anderes Bellen ſeyn, ein mit Win- ſeln vermiſchtes Gebell, das Mißvergnuͤgen und Un- zufriedenheit mit ſich ſelbſt andeutet.
Was will nun der Hund mit dieſem ſeinen verſchiedenen Geſchrey? Nothwendig muß er eine Abſicht dabey haben. Dieſe kann zweyfach ſeyn. Er kann entweder den Kommenden zuruͤckſchrecken, oder ſeinem Herrn die bevorſtehende Gefahr, verun- gluͤckt zu werden, ankuͤndigen wollen; wie wenn er ungefaͤhr ſagen wollte:(*) „Du Ding, das ich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0033"n="5"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der Sprache uͤberhaupt</hi>.</fw><lb/>
ruͤckfahren, und dabey ein ganz anderes mit Weh-<lb/>
klagen vermiſchtes Bellen annehmen. Geht der<lb/>
Menſch ſodann ſeines Weges fort, ſo wird ihm<lb/>
der Hund mit neuer Herzhaftigkeit folgen, und im-<lb/>
mer heftig nachbellen bis er ihn aus dem Geſichte<lb/>
verliert, und da wird ſein Bellen nur ſtuffenweiſe<lb/>
wieder abnehmen. Man wird endlich glauben, nun<lb/>
habe er ganz aufgehoͤrt. Allein wenn ihm wieder<lb/>
einfaͤllt, wie uͤbel er behandelt, und wie ſchaͤndlich<lb/>
er zuruͤckgewieſen worden iſt, ſo wird er gar oft<lb/>
auf das neue zu bellen anfangen, aber das wird<lb/>
wieder ein ganz anderes Bellen ſeyn, ein mit Win-<lb/>ſeln vermiſchtes Gebell, das Mißvergnuͤgen und Un-<lb/>
zufriedenheit mit ſich ſelbſt andeutet.</p><lb/><p>Was will nun der Hund mit dieſem ſeinen<lb/>
verſchiedenen Geſchrey? Nothwendig muß er eine<lb/>
Abſicht dabey haben. Dieſe kann zweyfach ſeyn.<lb/>
Er kann entweder den Kommenden zuruͤckſchrecken,<lb/>
oder ſeinem Herrn die bevorſtehende Gefahr, verun-<lb/>
gluͤckt zu werden, ankuͤndigen wollen; wie wenn<lb/>
er ungefaͤhr ſagen wollte:<notexml:id="seg2pn_1_1"next="#seg2pn_1_2"place="foot"n="(*)">Ungefaͤhr ſagen wollte: Vernuͤnftige Leſer wer-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw></note>„Du Ding, das ich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">hoͤre,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[5/0033]
Von der Sprache uͤberhaupt.
ruͤckfahren, und dabey ein ganz anderes mit Weh-
klagen vermiſchtes Bellen annehmen. Geht der
Menſch ſodann ſeines Weges fort, ſo wird ihm
der Hund mit neuer Herzhaftigkeit folgen, und im-
mer heftig nachbellen bis er ihn aus dem Geſichte
verliert, und da wird ſein Bellen nur ſtuffenweiſe
wieder abnehmen. Man wird endlich glauben, nun
habe er ganz aufgehoͤrt. Allein wenn ihm wieder
einfaͤllt, wie uͤbel er behandelt, und wie ſchaͤndlich
er zuruͤckgewieſen worden iſt, ſo wird er gar oft
auf das neue zu bellen anfangen, aber das wird
wieder ein ganz anderes Bellen ſeyn, ein mit Win-
ſeln vermiſchtes Gebell, das Mißvergnuͤgen und Un-
zufriedenheit mit ſich ſelbſt andeutet.
Was will nun der Hund mit dieſem ſeinen
verſchiedenen Geſchrey? Nothwendig muß er eine
Abſicht dabey haben. Dieſe kann zweyfach ſeyn.
Er kann entweder den Kommenden zuruͤckſchrecken,
oder ſeinem Herrn die bevorſtehende Gefahr, verun-
gluͤckt zu werden, ankuͤndigen wollen; wie wenn
er ungefaͤhr ſagen wollte: (*) „Du Ding, das ich
hoͤre,
(*) Ungefaͤhr ſagen wollte: Vernuͤnftige Leſer wer-
den
A 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/33>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.