Um also näher zu bestimmen, was denn ei- gentlich die nun einmal angenommenen Diphtongen in der Aussprache sind, so müßen wir sie eh' un- terscheiden, und in zwey Klassen theilen. Jn die er- ste setzen wir diejenigen, die in der Schrift zwar durch zweyerley Buchstaben angedeutet, aber in der Aussprache nur durch einen einfachen Laut ausge- drückt werden; in die zweyte aber diejenigen, die sowohl in der Schrift durch zweyerley Buchstaben bezeichnet, als auch in der Aussprache durch zwey Selbstlauter ausgedrückt werden. Die der ersten Klasse sind nur einfache Laute, die von den 5 Haupt- selbstlautern sehr merklich abweichen, und gleichsam ih- re Semitöne ausmachen. Diese in der Schrift aus- zudrücken, mußte man gewiße Zeichen haben, da man aber in dem von anderen Nationen, die viel- leicht diese Semitöne nicht hatten, entlehnten Al- phabethe keine solche Zeichen fand, so haben die er- sten Schriftsteller, weil sie entweder nicht Muth hat- ten neue zu erfinden, oder es aus Bescheidenheit nicht thun wollten, oder auch nicht verstanden zu werden fürchteten, zwey Schriftzeichen oder Buch- staben zusammen genommen um einen dritten Laut
damit
Von den Lauten oder Buchſtaben.
Um alſo naͤher zu beſtimmen, was denn ei- gentlich die nun einmal angenommenen Diphtongen in der Ausſprache ſind, ſo muͤßen wir ſie eh' un- terſcheiden, und in zwey Klaſſen theilen. Jn die er- ſte ſetzen wir diejenigen, die in der Schrift zwar durch zweyerley Buchſtaben angedeutet, aber in der Ausſprache nur durch einen einfachen Laut ausge- druͤckt werden; in die zweyte aber diejenigen, die ſowohl in der Schrift durch zweyerley Buchſtaben bezeichnet, als auch in der Ausſprache durch zwey Selbſtlauter ausgedruͤckt werden. Die der erſten Klaſſe ſind nur einfache Laute, die von den 5 Haupt- ſelbſtlautern ſehr merklich abweichen, und gleichſam ih- re Semitoͤne ausmachen. Dieſe in der Schrift aus- zudruͤcken, mußte man gewiße Zeichen haben, da man aber in dem von anderen Nationen, die viel- leicht dieſe Semitoͤne nicht hatten, entlehnten Al- phabethe keine ſolche Zeichen fand, ſo haben die er- ſten Schriftſteller, weil ſie entweder nicht Muth hat- ten neue zu erfinden, oder es aus Beſcheidenheit nicht thun wollten, oder auch nicht verſtanden zu werden fuͤrchteten, zwey Schriftzeichen oder Buch- ſtaben zuſammen genommen um einen dritten Laut
damit
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Von den Lauten oder Buchſtaben.
Um alſo naͤher zu beſtimmen, was denn ei-
gentlich die nun einmal angenommenen Diphtongen
in der Ausſprache ſind, ſo muͤßen wir ſie eh' un-
terſcheiden, und in zwey Klaſſen theilen. Jn die er-
ſte ſetzen wir diejenigen, die in der Schrift zwar
durch zweyerley Buchſtaben angedeutet, aber in der
Ausſprache nur durch einen einfachen Laut ausge-
druͤckt werden; in die zweyte aber diejenigen, die
ſowohl in der Schrift durch zweyerley Buchſtaben
bezeichnet, als auch in der Ausſprache durch zwey
Selbſtlauter ausgedruͤckt werden. Die der erſten
Klaſſe ſind nur einfache Laute, die von den 5 Haupt-
ſelbſtlautern ſehr merklich abweichen, und gleichſam ih-
re Semitoͤne ausmachen. Dieſe in der Schrift aus-
zudruͤcken, mußte man gewiße Zeichen haben, da
man aber in dem von anderen Nationen, die viel-
leicht dieſe Semitoͤne nicht hatten, entlehnten Al-
phabethe keine ſolche Zeichen fand, ſo haben die er-
ſten Schriftſteller, weil ſie entweder nicht Muth hat-
ten neue zu erfinden, oder es aus Beſcheidenheit
nicht thun wollten, oder auch nicht verſtanden zu
werden fuͤrchteten, zwey Schriftzeichen oder Buch-
ſtaben zuſammen genommen um einen dritten Laut
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/265>, abgerufen am 24.11.2024.
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