"Die Zunge ist ein kurzes breites Stück "Fleisch, vom stumpfen Ende, obenher längst aus "frei, und nach der Höle des knochigen Gaumens "abgepasset, unten viel kürzer, mit Drüsen be- "kleidet, und um ein kurzes Ende bey der Spitze "abgelöset. Sie steigt mit ihrem Rükken vom Keh- "lendekkel hinauf, und es ist ihre übrige Länge "mäßig abhängig gemacht. Jhre obere Breite wird "in der Mitte von einer etwas undeutlichen Rin- "ne getheilet, welche von der Zunge gleichsam "zwo Helften macht. Die ganze Zunge ist sehr "beweglich, und ungemein geschickt, alle Arten "von Lagen, und Figuren anzunehmen, bequem "sich an die obern und untern Zähne, an den "vordern, mittern, und hintersten Gaumen, und "an das Zahnfleisch anzuschliessen, ihre Spitze "sowohl zurücke zu ziehen, als aus dem Zwischen- "raume der Zähne herauszustoßen, sich in die "Höle der Bakken zu verlängern, diese ganze Hö- "le durch zu spüren, oder sich endlich zwischen den "Lippen heraus zu bewegen, sich zurück zu wäl- "zen, den Rükken flach, und wieder hol zu ma- "chen, ihre Seiten gegen einander zu ziehen, und
sich
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Von den Werkzeugen der Sprache.
„Die Zunge iſt ein kurzes breites Stuͤck „Fleiſch, vom ſtumpfen Ende, obenher laͤngſt aus „frei, und nach der Hoͤle des knochigen Gaumens „abgepaſſet, unten viel kuͤrzer, mit Druͤſen be- „kleidet, und um ein kurzes Ende bey der Spitze „abgeloͤſet. Sie ſteigt mit ihrem Ruͤkken vom Keh- „lendekkel hinauf, und es iſt ihre uͤbrige Laͤnge „maͤßig abhaͤngig gemacht. Jhre obere Breite wird „in der Mitte von einer etwas undeutlichen Rin- „ne getheilet, welche von der Zunge gleichſam „zwo Helften macht. Die ganze Zunge iſt ſehr „beweglich, und ungemein geſchickt, alle Arten „von Lagen, und Figuren anzunehmen, bequem „ſich an die obern und untern Zaͤhne, an den „vordern, mittern, und hinterſten Gaumen, und „an das Zahnfleiſch anzuſchlieſſen, ihre Spitze „ſowohl zuruͤcke zu ziehen, als aus dem Zwiſchen- „raume der Zaͤhne herauszuſtoßen, ſich in die „Hoͤle der Bakken zu verlaͤngern, dieſe ganze Hoͤ- „le durch zu ſpuͤren, oder ſich endlich zwiſchen den „Lippen heraus zu bewegen, ſich zuruͤck zu waͤl- „zen, den Ruͤkken flach, und wieder hol zu ma- „chen, ihre Seiten gegen einander zu ziehen, und
ſich
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Von den Werkzeugen der Sprache.
„Die Zunge iſt ein kurzes breites Stuͤck
„Fleiſch, vom ſtumpfen Ende, obenher laͤngſt aus
„frei, und nach der Hoͤle des knochigen Gaumens
„abgepaſſet, unten viel kuͤrzer, mit Druͤſen be-
„kleidet, und um ein kurzes Ende bey der Spitze
„abgeloͤſet. Sie ſteigt mit ihrem Ruͤkken vom Keh-
„lendekkel hinauf, und es iſt ihre uͤbrige Laͤnge
„maͤßig abhaͤngig gemacht. Jhre obere Breite wird
„in der Mitte von einer etwas undeutlichen Rin-
„ne getheilet, welche von der Zunge gleichſam
„zwo Helften macht. Die ganze Zunge iſt ſehr
„beweglich, und ungemein geſchickt, alle Arten
„von Lagen, und Figuren anzunehmen, bequem
„ſich an die obern und untern Zaͤhne, an den
„vordern, mittern, und hinterſten Gaumen, und
„an das Zahnfleiſch anzuſchlieſſen, ihre Spitze
„ſowohl zuruͤcke zu ziehen, als aus dem Zwiſchen-
„raume der Zaͤhne herauszuſtoßen, ſich in die
„Hoͤle der Bakken zu verlaͤngern, dieſe ganze Hoͤ-
„le durch zu ſpuͤren, oder ſich endlich zwiſchen den
„Lippen heraus zu bewegen, ſich zuruͤck zu waͤl-
„zen, den Ruͤkken flach, und wieder hol zu ma-
„chen, ihre Seiten gegen einander zu ziehen, und
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/173>, abgerufen am 24.11.2024.
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