dicht hinter ihm an die Wand, ein altes Mütterchen sagte vernehmlich: "Ja, ja!" der kalte Luftzug strich über sein Gesicht, die Gardinen flatterten und die Decke flog weg. Und indem Mannelin sich besann, aber ganz ruhig liegen blieb, wie wenn er nichts merkte, sah er schon die alte Kratt in der Mitte des Zimmers gegen die Fensterecke zuschlurfen, wo die Commode stand und der Mond schien, wie gestern. Er war jetzt doch ziemlich überrascht, und das Herz klopfte ihm bedeutend, weil er die Natur und Tragweite des Abenteuers nicht kannte. Aber wie der Jäger, von einem Thiere überrascht, sein Gewehrschloß schnell in Ordnung bringt, stellte Mannelin geschwind seine Gedanken in eine kleine Reihe, als ob es Polizei¬ leute wären, und sich selbst an ihre Spitze. Ohne sich zu rühren, folgte er der Erscheinung aufmerksam mit den Augen und sah, wie sie an der Commode tastete und die Klappe öffnete, kurz alles that, wie ich es gesehen. Als sie nun auf dem Papiere radirte, war er schon leise auf¬ gestanden und ihr auf unhörbaren Socken nachgeschlichen und stand hinter ihrem Rücken. Das grauenhafte buckelige Weibchen kratzte, schaute, keuchte und hustete und blies den Staub weg, kurz war so geschäftig wie der Teufel, und Mannelin guckte dem Gespenste still über die Schulter, bis es fertig war und sein schändliches heiseres Gelächter aufschlug. Da sagte er plötzlich:
"Na, Frauchen, was treiben Sie denn da?"
Wie eine Schlange schnellte das Gespenst empor und
dicht hinter ihm an die Wand, ein altes Mütterchen ſagte vernehmlich: „Ja, ja!“ der kalte Luftzug ſtrich über ſein Geſicht, die Gardinen flatterten und die Decke flog weg. Und indem Mannelin ſich beſann, aber ganz ruhig liegen blieb, wie wenn er nichts merkte, ſah er ſchon die alte Kratt in der Mitte des Zimmers gegen die Fenſterecke zuſchlurfen, wo die Commode ſtand und der Mond ſchien, wie geſtern. Er war jetzt doch ziemlich überraſcht, und das Herz klopfte ihm bedeutend, weil er die Natur und Tragweite des Abenteuers nicht kannte. Aber wie der Jäger, von einem Thiere überraſcht, ſein Gewehrſchloß ſchnell in Ordnung bringt, ſtellte Mannelin geſchwind ſeine Gedanken in eine kleine Reihe, als ob es Polizei¬ leute wären, und ſich ſelbſt an ihre Spitze. Ohne ſich zu rühren, folgte er der Erſcheinung aufmerkſam mit den Augen und ſah, wie ſie an der Commode taſtete und die Klappe öffnete, kurz alles that, wie ich es geſehen. Als ſie nun auf dem Papiere radirte, war er ſchon leiſe auf¬ geſtanden und ihr auf unhörbaren Socken nachgeſchlichen und ſtand hinter ihrem Rücken. Das grauenhafte buckelige Weibchen kratzte, ſchaute, keuchte und huſtete und blies den Staub weg, kurz war ſo geſchäftig wie der Teufel, und Mannelin guckte dem Geſpenſte ſtill über die Schulter, bis es fertig war und ſein ſchändliches heiſeres Gelächter aufſchlug. Da ſagte er plötzlich:
„Na, Frauchen, was treiben Sie denn da?“
Wie eine Schlange ſchnellte das Geſpenſt empor und
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dicht hinter ihm an die Wand, ein altes Mütterchen ſagte
vernehmlich: „Ja, ja!“ der kalte Luftzug ſtrich über ſein
Geſicht, die Gardinen flatterten und die Decke flog weg.
Und indem Mannelin ſich beſann, aber ganz ruhig liegen
blieb, wie wenn er nichts merkte, ſah er ſchon die alte
Kratt in der Mitte des Zimmers gegen die Fenſterecke
zuſchlurfen, wo die Commode ſtand und der Mond ſchien,
wie geſtern. Er war jetzt doch ziemlich überraſcht, und
das Herz klopfte ihm bedeutend, weil er die Natur und
Tragweite des Abenteuers nicht kannte. Aber wie der
Jäger, von einem Thiere überraſcht, ſein Gewehrſchloß
ſchnell in Ordnung bringt, ſtellte Mannelin geſchwind
ſeine Gedanken in eine kleine Reihe, als ob es Polizei¬
leute wären, und ſich ſelbſt an ihre Spitze. Ohne ſich
zu rühren, folgte er der Erſcheinung aufmerkſam mit den
Augen und ſah, wie ſie an der Commode taſtete und die
Klappe öffnete, kurz alles that, wie ich es geſehen. Als
ſie nun auf dem Papiere radirte, war er ſchon leiſe auf¬
geſtanden und ihr auf unhörbaren Socken nachgeſchlichen
und ſtand hinter ihrem Rücken. Das grauenhafte buckelige
Weibchen kratzte, ſchaute, keuchte und huſtete und blies
den Staub weg, kurz war ſo geſchäftig wie der Teufel,
und Mannelin guckte dem Geſpenſte ſtill über die Schulter,
bis es fertig war und ſein ſchändliches heiſeres Gelächter
aufſchlug. Da ſagte er plötzlich:
„Na, Frauchen, was treiben Sie denn da?“
Wie eine Schlange ſchnellte das Geſpenſt empor und
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/262>, abgerufen am 26.11.2024.
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