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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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müssen Sie sich schon an meine Redaction halten, die ich
nach bestem Wissen und Gewissen besorgt habe. Ich
betheuere, daß auch nicht die leiseste Spur von Koketterie
und Schlauheit soll zwischen den Zeilen zu lesen sein, und
ich bitte Sie, hochzuverehrendes Fräulein, nichts hinein¬
legen zu wollen, was hineinzulegen ich nicht die Absicht
hatte!"

"Und ich bitte den hochzuverehrenden Herrn tausend¬
mal um Verzeihung, wenn meine Vermuthung beleidigend
war, daß der armen Frau Hedwig noch ein Rest von
eigenem Willen hätte vergönnt sein können im Punkte
des Heirathens!"

"Ei, mein ungnädiges Fräulein, warum denn so
gereizt? Ich wehre mich ja lediglich für eine Frauen¬
gestalt, die durch ihre Hülflosigkeit nur gewinnt und dem
Geschlechte zur Zierde gereicht!"

"Ei natürlich, ja! So versteh' ich es ja auch!" sagte
Lucie mit fröhlichem Lachen, welches ihre Locken anmuthig
bewegte; "ein sanftes Wollschäfchen mehr auf dem Markte!
Diesmal handelt es sich noch um die Nutzbarkeit einer
guten Wirthschafterin, und wir müssen gestehen, Sie haben
das Thema fast wie ein Kinder- und Hausmärchen heraus¬
gestrichen!"

"Aber, liebe Lux." rief jetzt der Oberst, "sei doch
nicht so zänkisch! Du hast ja, Gott sei Dank, nicht
nöthig, Dich über diese Dinge zu ereifern, wenn Du doch
unverheirathet bleiben und mein Alter verschönern willst!

müſſen Sie ſich ſchon an meine Redaction halten, die ich
nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen beſorgt habe. Ich
betheuere, daß auch nicht die leiſeſte Spur von Koketterie
und Schlauheit ſoll zwiſchen den Zeilen zu leſen ſein, und
ich bitte Sie, hochzuverehrendes Fräulein, nichts hinein¬
legen zu wollen, was hineinzulegen ich nicht die Abſicht
hatte!“

„Und ich bitte den hochzuverehrenden Herrn tauſend¬
mal um Verzeihung, wenn meine Vermuthung beleidigend
war, daß der armen Frau Hedwig noch ein Reſt von
eigenem Willen hätte vergönnt ſein können im Punkte
des Heirathens!“

„Ei, mein ungnädiges Fräulein, warum denn ſo
gereizt? Ich wehre mich ja lediglich für eine Frauen¬
geſtalt, die durch ihre Hülfloſigkeit nur gewinnt und dem
Geſchlechte zur Zierde gereicht!“

„Ei natürlich, ja! So verſteh' ich es ja auch!“ ſagte
Lucie mit fröhlichem Lachen, welches ihre Locken anmuthig
bewegte; „ein ſanftes Wollſchäfchen mehr auf dem Markte!
Diesmal handelt es ſich noch um die Nutzbarkeit einer
guten Wirthſchafterin, und wir müſſen geſtehen, Sie haben
das Thema faſt wie ein Kinder- und Hausmärchen heraus¬
geſtrichen!“

„Aber, liebe Lux.“ rief jetzt der Oberſt, „ſei doch
nicht ſo zänkiſch! Du haſt ja, Gott ſei Dank, nicht
nöthig, Dich über dieſe Dinge zu ereifern, wenn Du doch
unverheirathet bleiben und mein Alter verſchönern willſt!

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[217/0227] müſſen Sie ſich ſchon an meine Redaction halten, die ich nach beſtem Wiſſen und Gewiſſen beſorgt habe. Ich betheuere, daß auch nicht die leiſeſte Spur von Koketterie und Schlauheit ſoll zwiſchen den Zeilen zu leſen ſein, und ich bitte Sie, hochzuverehrendes Fräulein, nichts hinein¬ legen zu wollen, was hineinzulegen ich nicht die Abſicht hatte!“ „Und ich bitte den hochzuverehrenden Herrn tauſend¬ mal um Verzeihung, wenn meine Vermuthung beleidigend war, daß der armen Frau Hedwig noch ein Reſt von eigenem Willen hätte vergönnt ſein können im Punkte des Heirathens!“ „Ei, mein ungnädiges Fräulein, warum denn ſo gereizt? Ich wehre mich ja lediglich für eine Frauen¬ geſtalt, die durch ihre Hülfloſigkeit nur gewinnt und dem Geſchlechte zur Zierde gereicht!“ „Ei natürlich, ja! So verſteh' ich es ja auch!“ ſagte Lucie mit fröhlichem Lachen, welches ihre Locken anmuthig bewegte; „ein ſanftes Wollſchäfchen mehr auf dem Markte! Diesmal handelt es ſich noch um die Nutzbarkeit einer guten Wirthſchafterin, und wir müſſen geſtehen, Sie haben das Thema faſt wie ein Kinder- und Hausmärchen heraus¬ geſtrichen!“ „Aber, liebe Lux.“ rief jetzt der Oberſt, „ſei doch nicht ſo zänkiſch! Du haſt ja, Gott ſei Dank, nicht nöthig, Dich über dieſe Dinge zu ereifern, wenn Du doch unverheirathet bleiben und mein Alter verſchönern willſt!

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/227>, abgerufen am 21.11.2024.