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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und Venetianischen Kaufleute, worauf sein ganzer
Credit, sein Gedeihen und seine Ehre beruhe,
nicht zu sprechen von ihrer Vereinigung und
glücklichen Hochzeit! Sie sei in der Eile nach
Mailand gekommen, wo sie begüterte Verwandte
habe, um da Mittel und Auswege zu finden;
aber zu einer schlimmen Stunde sei sie ge¬
kommen; denn nichts wolle sich fügen und
schicken, während der Tag immer näher rücke,
und wenn sie ihrem Geliebten nicht helfen könne,
so müsse sie sterben vor Traurigkeit. Denn es
sei der liebste und beste Mensch, den man sich
denken könne, und würde sicherlich ein großer
Kaufherr werden, wenn ihm geholfen würde,
und sie kenne kein anderes Glück mehr auf
Erden, als dann dessen Gemahlin zu sein! Als
sie diese Erzählung beendet, hatte sich der arme
schöne Jüngling schon lange entfärbt und war
bleich wie ein weißes Tuch. Aber er ließ keinen
Laut der Klage vernehmen und sprach nicht
ein Sterbenswörtchen mehr von sich selbst und
von seiner Liebe, sondern fragte bloß traurig,
auf wie viel sich denn die eingegangenen Ver¬
pflichtungen des glücklich unglücklichen Bräutigams

und Venetianiſchen Kaufleute, worauf ſein ganzer
Credit, ſein Gedeihen und ſeine Ehre beruhe,
nicht zu ſprechen von ihrer Vereinigung und
glücklichen Hochzeit! Sie ſei in der Eile nach
Mailand gekommen, wo ſie begüterte Verwandte
habe, um da Mittel und Auswege zu finden;
aber zu einer ſchlimmen Stunde ſei ſie ge¬
kommen; denn nichts wolle ſich fügen und
ſchicken, während der Tag immer näher rücke,
und wenn ſie ihrem Geliebten nicht helfen könne,
ſo müſſe ſie ſterben vor Traurigkeit. Denn es
ſei der liebſte und beſte Menſch, den man ſich
denken könne, und würde ſicherlich ein großer
Kaufherr werden, wenn ihm geholfen würde,
und ſie kenne kein anderes Glück mehr auf
Erden, als dann deſſen Gemahlin zu ſein! Als
ſie dieſe Erzählung beendet, hatte ſich der arme
ſchöne Jüngling ſchon lange entfärbt und war
bleich wie ein weißes Tuch. Aber er ließ keinen
Laut der Klage vernehmen und ſprach nicht
ein Sterbenswörtchen mehr von ſich ſelbſt und
von ſeiner Liebe, ſondern fragte bloß traurig,
auf wie viel ſich denn die eingegangenen Ver¬
pflichtungen des glücklich unglücklichen Bräutigams

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[490/0502] und Venetianiſchen Kaufleute, worauf ſein ganzer Credit, ſein Gedeihen und ſeine Ehre beruhe, nicht zu ſprechen von ihrer Vereinigung und glücklichen Hochzeit! Sie ſei in der Eile nach Mailand gekommen, wo ſie begüterte Verwandte habe, um da Mittel und Auswege zu finden; aber zu einer ſchlimmen Stunde ſei ſie ge¬ kommen; denn nichts wolle ſich fügen und ſchicken, während der Tag immer näher rücke, und wenn ſie ihrem Geliebten nicht helfen könne, ſo müſſe ſie ſterben vor Traurigkeit. Denn es ſei der liebſte und beſte Menſch, den man ſich denken könne, und würde ſicherlich ein großer Kaufherr werden, wenn ihm geholfen würde, und ſie kenne kein anderes Glück mehr auf Erden, als dann deſſen Gemahlin zu ſein! Als ſie dieſe Erzählung beendet, hatte ſich der arme ſchöne Jüngling ſchon lange entfärbt und war bleich wie ein weißes Tuch. Aber er ließ keinen Laut der Klage vernehmen und ſprach nicht ein Sterbenswörtchen mehr von ſich ſelbſt und von ſeiner Liebe, ſondern fragte bloß traurig, auf wie viel ſich denn die eingegangenen Ver¬ pflichtungen des glücklich unglücklichen Bräutigams

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/502>, abgerufen am 22.11.2024.