nender Gutmüthigkeit,"bis zum nächsten Voll¬ mond sollst Du Dich alsdann Deines angeneh¬ men Zustandes erfreuen dürfen, aber nicht län¬ ger! denn in den abnehmenden Mond hinein darf es nicht gehen, weil dieser einen vermin¬ dernden Einfluß auf mein wohlerworbenes Ei¬ genthum ausüben würde."
Das Kätzchen beeilte sich zuzuschlagen und unterzeichnete einen Vertrag, welchen der Hexen¬ meister im Vorrath bei sich führte, mit seiner scharfen Handschrift, welche sein letztes Besitzthum und Zeichen besserer Tage war.
"Du kannst Dich nun zum Mittagessen bei mir einfinden, Kater!" sagte der Hexer, "Punkt zwölf Uhr wird gegessen!" "Ich werde so frei sein, wenn Ihr's erlaubt!" sagte Spiegel und fand sich pünktlich um die Mittagsstunde bei Herrn Pineiß ein. Dort begann nun während einiger Monate ein höchst angenehmes Leben für das Kätzchen; denn es hatte auf der Welt wei¬ ter nichts zu thun, als die guten Dinge zu ver¬ zehren, die man ihm vorsetzte, dem Meister bei der Hexerei zuzuschauen, wenn es mochte, und auf dem Dache spazieren zu gehen. Dies Dach
29 *
nender Gutmüthigkeit,»bis zum nächſten Voll¬ mond ſollſt Du Dich alsdann Deines angeneh¬ men Zuſtandes erfreuen dürfen, aber nicht län¬ ger! denn in den abnehmenden Mond hinein darf es nicht gehen, weil dieſer einen vermin¬ dernden Einfluß auf mein wohlerworbenes Ei¬ genthum ausüben würde.«
Das Kätzchen beeilte ſich zuzuſchlagen und unterzeichnete einen Vertrag, welchen der Hexen¬ meiſter im Vorrath bei ſich führte, mit ſeiner ſcharfen Handſchrift, welche ſein letztes Beſitzthum und Zeichen beſſerer Tage war.
»Du kannſt Dich nun zum Mittageſſen bei mir einfinden, Kater!« ſagte der Hexer, »Punkt zwölf Uhr wird gegeſſen!« »Ich werde ſo frei ſein, wenn Ihr's erlaubt!« ſagte Spiegel und fand ſich pünktlich um die Mittagsſtunde bei Herrn Pineiß ein. Dort begann nun während einiger Monate ein höchſt angenehmes Leben für das Kätzchen; denn es hatte auf der Welt wei¬ ter nichts zu thun, als die guten Dinge zu ver¬ zehren, die man ihm vorſetzte, dem Meiſter bei der Hexerei zuzuſchauen, wenn es mochte, und auf dem Dache ſpazieren zu gehen. Dies Dach
29 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0469"n="457"/>
nender Gutmüthigkeit,»bis zum nächſten Voll¬<lb/>
mond ſollſt Du Dich alsdann Deines angeneh¬<lb/>
men Zuſtandes erfreuen dürfen, aber nicht län¬<lb/>
ger! denn in den abnehmenden Mond hinein<lb/>
darf es nicht gehen, weil dieſer einen vermin¬<lb/>
dernden Einfluß auf mein wohlerworbenes Ei¬<lb/>
genthum ausüben würde.«</p><lb/><p>Das Kätzchen beeilte ſich zuzuſchlagen und<lb/>
unterzeichnete einen Vertrag, welchen der Hexen¬<lb/>
meiſter im Vorrath bei ſich führte, mit ſeiner<lb/>ſcharfen Handſchrift, welche ſein letztes Beſitzthum<lb/>
und Zeichen beſſerer Tage war.</p><lb/><p>»Du kannſt Dich nun zum Mittageſſen bei<lb/>
mir einfinden, Kater!« ſagte der Hexer, »Punkt<lb/>
zwölf Uhr wird gegeſſen!« »Ich werde ſo frei<lb/>ſein, wenn Ihr's erlaubt!« ſagte Spiegel und<lb/>
fand ſich pünktlich um die Mittagsſtunde bei<lb/>
Herrn Pineiß ein. Dort begann nun während<lb/>
einiger Monate ein höchſt angenehmes Leben für<lb/>
das Kätzchen; denn es hatte auf der Welt wei¬<lb/>
ter nichts zu thun, als die guten Dinge zu ver¬<lb/>
zehren, die man ihm vorſetzte, dem Meiſter bei<lb/>
der Hexerei zuzuſchauen, wenn es mochte, und<lb/>
auf dem Dache ſpazieren zu gehen. Dies Dach<lb/><fwplace="bottom"type="sig">29 *<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[457/0469]
nender Gutmüthigkeit,»bis zum nächſten Voll¬
mond ſollſt Du Dich alsdann Deines angeneh¬
men Zuſtandes erfreuen dürfen, aber nicht län¬
ger! denn in den abnehmenden Mond hinein
darf es nicht gehen, weil dieſer einen vermin¬
dernden Einfluß auf mein wohlerworbenes Ei¬
genthum ausüben würde.«
Das Kätzchen beeilte ſich zuzuſchlagen und
unterzeichnete einen Vertrag, welchen der Hexen¬
meiſter im Vorrath bei ſich führte, mit ſeiner
ſcharfen Handſchrift, welche ſein letztes Beſitzthum
und Zeichen beſſerer Tage war.
»Du kannſt Dich nun zum Mittageſſen bei
mir einfinden, Kater!« ſagte der Hexer, »Punkt
zwölf Uhr wird gegeſſen!« »Ich werde ſo frei
ſein, wenn Ihr's erlaubt!« ſagte Spiegel und
fand ſich pünktlich um die Mittagsſtunde bei
Herrn Pineiß ein. Dort begann nun während
einiger Monate ein höchſt angenehmes Leben für
das Kätzchen; denn es hatte auf der Welt wei¬
ter nichts zu thun, als die guten Dinge zu ver¬
zehren, die man ihm vorſetzte, dem Meiſter bei
der Hexerei zuzuſchauen, wenn es mochte, und
auf dem Dache ſpazieren zu gehen. Dies Dach
29 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/469>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.