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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und rühmte, daß der Himmel hätte grün wer¬
den mögen, als dazu die Witterung und der
Wald so still und lieblich waren, verlor Züs
endlich den Compaß, als ein Wesen, dessen Ge¬
danken am Ende doch so kurz sind als seine
Sinne, ihr Herz krabbelte so ängstlich und wehr¬
los, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt,
und Dietrich besiegte es in jeder Weise. Sie
hatte ihn in dies Dickicht verlockt, um ihn zu
verrathen und war im Handumdrehen von dem
Schwäbchen erobert; dies geschah nicht, weil sie
etwa eine besonders verliebte Person war, son¬
dern weil sie als eine kurze Natur trotz aller
eingebildeten Weisheit doch nicht über ihre eigene
Nase weg sah. Sie blieben wohl eine Stunde
in dieser kurzweiligen Einsamkeit, umarmten sich
immer auf's Neue und gaben sich tausend Kü߬
chen. Sie schwuren sich ewige Treue und in
aller Aufrichtigkeit und wurden einig, sich zu
heirathen auf alle Fälle.

Unterdessen hatte sich in der Stadt die
Kunde von dem seltsamen Unternehmen der drei
Gesellen verbreitet und der Meister selbst zu
seiner Belustigung die Sache bekannt gemacht,

und rühmte, daß der Himmel hätte grün wer¬
den mögen, als dazu die Witterung und der
Wald ſo ſtill und lieblich waren, verlor Züs
endlich den Compaß, als ein Weſen, deſſen Ge¬
danken am Ende doch ſo kurz ſind als ſeine
Sinne, ihr Herz krabbelte ſo ängſtlich und wehr¬
los, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt,
und Dietrich beſiegte es in jeder Weiſe. Sie
hatte ihn in dies Dickicht verlockt, um ihn zu
verrathen und war im Handumdrehen von dem
Schwäbchen erobert; dies geſchah nicht, weil ſie
etwa eine beſonders verliebte Perſon war, ſon¬
dern weil ſie als eine kurze Natur trotz aller
eingebildeten Weisheit doch nicht über ihre eigene
Naſe weg ſah. Sie blieben wohl eine Stunde
in dieſer kurzweiligen Einſamkeit, umarmten ſich
immer auf's Neue und gaben ſich tauſend Kü߬
chen. Sie ſchwuren ſich ewige Treue und in
aller Aufrichtigkeit und wurden einig, ſich zu
heirathen auf alle Fälle.

Unterdeſſen hatte ſich in der Stadt die
Kunde von dem ſeltſamen Unternehmen der drei
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[439/0451] und rühmte, daß der Himmel hätte grün wer¬ den mögen, als dazu die Witterung und der Wald ſo ſtill und lieblich waren, verlor Züs endlich den Compaß, als ein Weſen, deſſen Ge¬ danken am Ende doch ſo kurz ſind als ſeine Sinne, ihr Herz krabbelte ſo ängſtlich und wehr¬ los, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt, und Dietrich beſiegte es in jeder Weiſe. Sie hatte ihn in dies Dickicht verlockt, um ihn zu verrathen und war im Handumdrehen von dem Schwäbchen erobert; dies geſchah nicht, weil ſie etwa eine beſonders verliebte Perſon war, ſon¬ dern weil ſie als eine kurze Natur trotz aller eingebildeten Weisheit doch nicht über ihre eigene Naſe weg ſah. Sie blieben wohl eine Stunde in dieſer kurzweiligen Einſamkeit, umarmten ſich immer auf's Neue und gaben ſich tauſend Kü߬ chen. Sie ſchwuren ſich ewige Treue und in aller Aufrichtigkeit und wurden einig, ſich zu heirathen auf alle Fälle. Unterdeſſen hatte ſich in der Stadt die Kunde von dem ſeltſamen Unternehmen der drei Geſellen verbreitet und der Meiſter ſelbſt zu ſeiner Beluſtigung die Sache bekannt gemacht,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/451>, abgerufen am 22.11.2024.