Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.Die drei gerechten Kammmacher. Die Leute von Seldwyla haben bewiesen, Die drei gerechten Kammmacher. Die Leute von Seldwyla haben bewieſen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0372" n="360"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#fr">Die drei gerechten Kammmacher.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Leute von Seldwyla haben bewieſen,<lb/> daß eine ganze Stadt von Ungerechten oder Leicht¬<lb/> ſinnigen zur Noth fortbeſtehen kann im Wechſel<lb/> der Zeiten und des Verkehrs; die drei Kamm¬<lb/> macher aber, daß nicht drei Gerechte lang unter<lb/> einem Dache leben können, ohne ſich in die Haare<lb/> zu gerathen. Es iſt hier aber nicht die himm¬<lb/> liſche Gerechtigkeit gemeint oder die natürliche<lb/> Gerechtigkeit des menſchlichen Gewiſſens, ſondern<lb/> jene blutloſe Gerechtigkeit, welche aus dem Va¬<lb/> terunſer die Bitte geſtrichen hat: Und vergieb<lb/> uns unſere Schulden, wie auch wir vergeben<lb/> unſern Schuldnern! weil ſie keine Schulden macht<lb/> und auch keine »ausſtehen« hat; welche Nie¬<lb/> mandem zu Leid lebt, aber auch Niemandem zu<lb/> Gefallen, wohl arbeiten und erwerben, aber nichts<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [360/0372]
Die drei gerechten Kammmacher.
Die Leute von Seldwyla haben bewieſen,
daß eine ganze Stadt von Ungerechten oder Leicht¬
ſinnigen zur Noth fortbeſtehen kann im Wechſel
der Zeiten und des Verkehrs; die drei Kamm¬
macher aber, daß nicht drei Gerechte lang unter
einem Dache leben können, ohne ſich in die Haare
zu gerathen. Es iſt hier aber nicht die himm¬
liſche Gerechtigkeit gemeint oder die natürliche
Gerechtigkeit des menſchlichen Gewiſſens, ſondern
jene blutloſe Gerechtigkeit, welche aus dem Va¬
terunſer die Bitte geſtrichen hat: Und vergieb
uns unſere Schulden, wie auch wir vergeben
unſern Schuldnern! weil ſie keine Schulden macht
und auch keine »ausſtehen« hat; welche Nie¬
mandem zu Leid lebt, aber auch Niemandem zu
Gefallen, wohl arbeiten und erwerben, aber nichts
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