Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.oder bis wir zwölf gezählt haben! Küsse mich Sali liebte gewiß eben so stark als Vren¬ oder bis wir zwölf gezählt haben! Küſſe mich Sali liebte gewiß eben ſo ſtark als Vren¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0364" n="352"/> oder bis wir zwölf gezählt haben! Küſſe mich<lb/> zwölfmal!«</p><lb/> <p>Sali liebte gewiß eben ſo ſtark als Vren¬<lb/> chen, aber die Heirathsfrage war in ihm doch<lb/> nicht ſo leidenſchaftlich lebendig als ein beſtimm¬<lb/> tes Entweder — oder, als ein unmittelbares<lb/> Sein oder Nichtſein, wie in Vrenchen, welches<lb/> nur das Eine zu fühlen fähig war und mit lei¬<lb/> denſchaftlicher Entſchiedenheit unmittelbar Tod<lb/> oder Leben darin ſah. Aber jetzt ging ihm end¬<lb/> lich ein Licht auf und das weibliche Gefühl des<lb/> jungen Mädchens ward in ihm auf der Stelle<lb/> zu einem wilden und heißen Verlangen und eine<lb/> glühende Klarheit erhellte ihm die Sinne. So<lb/> heftig er Vrenchen ſchon umarmt und liebkoſ't<lb/> hatte, that er es jetzt doch ganz anders und<lb/> ſtürmiſcher und überſäete es mit Küſſen. Vren¬<lb/> chen fühlte trotz aller eigenen Leidenſchaft auf<lb/> der Stelle dieſen Wechſel und ein heftiges Zit¬<lb/> tern durchfuhr ſein ganzes Weſen, aber ehe jener<lb/> Nebelſtreif am Monde vorüber war, war es auch<lb/> davon ergriffen. Im heftigen Schmeicheln und<lb/> Ringen begegneten ſich ihre ringgeſchmückten Hände<lb/> und faßten ſich feſt, wie von ſelbſt eine Trauung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [352/0364]
oder bis wir zwölf gezählt haben! Küſſe mich
zwölfmal!«
Sali liebte gewiß eben ſo ſtark als Vren¬
chen, aber die Heirathsfrage war in ihm doch
nicht ſo leidenſchaftlich lebendig als ein beſtimm¬
tes Entweder — oder, als ein unmittelbares
Sein oder Nichtſein, wie in Vrenchen, welches
nur das Eine zu fühlen fähig war und mit lei¬
denſchaftlicher Entſchiedenheit unmittelbar Tod
oder Leben darin ſah. Aber jetzt ging ihm end¬
lich ein Licht auf und das weibliche Gefühl des
jungen Mädchens ward in ihm auf der Stelle
zu einem wilden und heißen Verlangen und eine
glühende Klarheit erhellte ihm die Sinne. So
heftig er Vrenchen ſchon umarmt und liebkoſ't
hatte, that er es jetzt doch ganz anders und
ſtürmiſcher und überſäete es mit Küſſen. Vren¬
chen fühlte trotz aller eigenen Leidenſchaft auf
der Stelle dieſen Wechſel und ein heftiges Zit¬
tern durchfuhr ſein ganzes Weſen, aber ehe jener
Nebelſtreif am Monde vorüber war, war es auch
davon ergriffen. Im heftigen Schmeicheln und
Ringen begegneten ſich ihre ringgeſchmückten Hände
und faßten ſich feſt, wie von ſelbſt eine Trauung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |