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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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rend sie aber beiderseitig in das Lesen vertieft
schienen, nahm jedes die Gelegenheit wahr, einen
heimlichen Einkauf zu machen. Sali kaufte für
Vrenchen ein vergoldetes Ringelchen mit einem
grünen Glassteinchen, und Vrenchen einen Ring
von schwarzem Gemshorn, auf welchem ein gol¬
denes Vergißmeinnicht eingelegt war. Wahr¬
scheinlich hatten sie den gleichen Gedanken, sich
diese armen Zeichen bei der Trennung zu geben.

Während sie in diese Dinge sich versenkten,
waren sie so vergessen, daß sie nicht bemerkten,
wie nach und nach ein weiter Ring sich um sie
gebildet hatte von Leuten, die sie aufmerksam
und neugierig betrachteten. Denn da viele junge
Bursche und Mädchen aus ihrem Dorfe hier
waren, so waren sie erkannt worden, und Alles
stand jetzt in einiger Entfernung um sie herum
und sah mit Verwunderung auf das wohlge¬
putzte Paar, welches in andächtiger Innigkeit
die Welt um sich her zu vergessen schien. "Ei
seht! hieß es, das ist ja wahrhaftig das Vren¬
chen Marti und der Sali aus der Stadt! Die
haben sich ja säuberlich gefunden und verbunden!
Und welche Zärtlichkeit und Freundschaft, seht

rend ſie aber beiderſeitig in das Leſen vertieft
ſchienen, nahm jedes die Gelegenheit wahr, einen
heimlichen Einkauf zu machen. Sali kaufte für
Vrenchen ein vergoldetes Ringelchen mit einem
grünen Glasſteinchen, und Vrenchen einen Ring
von ſchwarzem Gemshorn, auf welchem ein gol¬
denes Vergißmeinnicht eingelegt war. Wahr¬
ſcheinlich hatten ſie den gleichen Gedanken, ſich
dieſe armen Zeichen bei der Trennung zu geben.

Während ſie in dieſe Dinge ſich verſenkten,
waren ſie ſo vergeſſen, daß ſie nicht bemerkten,
wie nach und nach ein weiter Ring ſich um ſie
gebildet hatte von Leuten, die ſie aufmerkſam
und neugierig betrachteten. Denn da viele junge
Burſche und Mädchen aus ihrem Dorfe hier
waren, ſo waren ſie erkannt worden, und Alles
ſtand jetzt in einiger Entfernung um ſie herum
und ſah mit Verwunderung auf das wohlge¬
putzte Paar, welches in andächtiger Innigkeit
die Welt um ſich her zu vergeſſen ſchien. »Ei
ſeht! hieß es, das iſt ja wahrhaftig das Vren¬
chen Marti und der Sali aus der Stadt! Die
haben ſich ja ſäuberlich gefunden und verbunden!
Und welche Zärtlichkeit und Freundſchaft, ſeht

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[331/0343] rend ſie aber beiderſeitig in das Leſen vertieft ſchienen, nahm jedes die Gelegenheit wahr, einen heimlichen Einkauf zu machen. Sali kaufte für Vrenchen ein vergoldetes Ringelchen mit einem grünen Glasſteinchen, und Vrenchen einen Ring von ſchwarzem Gemshorn, auf welchem ein gol¬ denes Vergißmeinnicht eingelegt war. Wahr¬ ſcheinlich hatten ſie den gleichen Gedanken, ſich dieſe armen Zeichen bei der Trennung zu geben. Während ſie in dieſe Dinge ſich verſenkten, waren ſie ſo vergeſſen, daß ſie nicht bemerkten, wie nach und nach ein weiter Ring ſich um ſie gebildet hatte von Leuten, die ſie aufmerkſam und neugierig betrachteten. Denn da viele junge Burſche und Mädchen aus ihrem Dorfe hier waren, ſo waren ſie erkannt worden, und Alles ſtand jetzt in einiger Entfernung um ſie herum und ſah mit Verwunderung auf das wohlge¬ putzte Paar, welches in andächtiger Innigkeit die Welt um ſich her zu vergeſſen ſchien. »Ei ſeht! hieß es, das iſt ja wahrhaftig das Vren¬ chen Marti und der Sali aus der Stadt! Die haben ſich ja ſäuberlich gefunden und verbunden! Und welche Zärtlichkeit und Freundſchaft, ſeht

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/343>, abgerufen am 25.11.2024.