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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Hand gingen sie nun das flüsternde Korn ent¬
lang bis gegen den Fluß hinunter und wieder
zurück, ohne viel zu reden; sie legten zwei und
drei Mal den Hin- und Herweg zurück, still,
glückselig und ruhig, so daß dieses einige Paar
nun auch einem Sternbilde glich, welches über
die sonnige Rundung der Anhöhe und hinter
derselben niederging, wie einst die sicher gehen¬
den Pflugzüge ihrer Väter. Als sie aber eins¬
mals die Augen von den blauen Kornblumen
aufschlugen, an denen sie gehaftet, sahen sie
plötzlich einen andern dunklen Stern vor sich
hergehen, einen schwärzlichen Kerl, von dem sie
nicht wußten, woher er so unversehens gekom¬
men. Er mußte im Korne gelegen haben;
Vrenchen zuckte zusammen und Sali sagte
erschreckt: Der schwarze Geiger! In der That
trug der Kerl, der vor ihnen herstrich, eine
Geige mit dem Bogen unter dem Arm und sah
übrigens schwarz genug aus; außer einem schwar¬
zen Filzhütchen und einem schwarzen rußigen
Kittel, den er trug, war auch sein Haar pech¬
schwarz, so wie der ungeschorene Bart, das Ge¬
sicht und die Hände aber ebenfalls geschwärzt;

Hand gingen ſie nun das flüſternde Korn ent¬
lang bis gegen den Fluß hinunter und wieder
zurück, ohne viel zu reden; ſie legten zwei und
drei Mal den Hin- und Herweg zurück, ſtill,
glückſelig und ruhig, ſo daß dieſes einige Paar
nun auch einem Sternbilde glich, welches über
die ſonnige Rundung der Anhöhe und hinter
derſelben niederging, wie einſt die ſicher gehen¬
den Pflugzüge ihrer Väter. Als ſie aber eins¬
mals die Augen von den blauen Kornblumen
aufſchlugen, an denen ſie gehaftet, ſahen ſie
plötzlich einen andern dunklen Stern vor ſich
hergehen, einen ſchwärzlichen Kerl, von dem ſie
nicht wußten, woher er ſo unverſehens gekom¬
men. Er mußte im Korne gelegen haben;
Vrenchen zuckte zuſammen und Sali ſagte
erſchreckt: Der ſchwarze Geiger! In der That
trug der Kerl, der vor ihnen herſtrich, eine
Geige mit dem Bogen unter dem Arm und ſah
übrigens ſchwarz genug aus; außer einem ſchwar¬
zen Filzhütchen und einem ſchwarzen rußigen
Kittel, den er trug, war auch ſein Haar pech¬
ſchwarz, ſo wie der ungeſchorene Bart, das Ge¬
ſicht und die Hände aber ebenfalls geſchwärzt;

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[274/0286] Hand gingen ſie nun das flüſternde Korn ent¬ lang bis gegen den Fluß hinunter und wieder zurück, ohne viel zu reden; ſie legten zwei und drei Mal den Hin- und Herweg zurück, ſtill, glückſelig und ruhig, ſo daß dieſes einige Paar nun auch einem Sternbilde glich, welches über die ſonnige Rundung der Anhöhe und hinter derſelben niederging, wie einſt die ſicher gehen¬ den Pflugzüge ihrer Väter. Als ſie aber eins¬ mals die Augen von den blauen Kornblumen aufſchlugen, an denen ſie gehaftet, ſahen ſie plötzlich einen andern dunklen Stern vor ſich hergehen, einen ſchwärzlichen Kerl, von dem ſie nicht wußten, woher er ſo unverſehens gekom¬ men. Er mußte im Korne gelegen haben; Vrenchen zuckte zuſammen und Sali ſagte erſchreckt: Der ſchwarze Geiger! In der That trug der Kerl, der vor ihnen herſtrich, eine Geige mit dem Bogen unter dem Arm und ſah übrigens ſchwarz genug aus; außer einem ſchwar¬ zen Filzhütchen und einem ſchwarzen rußigen Kittel, den er trug, war auch ſein Haar pech¬ ſchwarz, ſo wie der ungeſchorene Bart, das Ge¬ ſicht und die Hände aber ebenfalls geſchwärzt;

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/286>, abgerufen am 27.11.2024.