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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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begaben und sich da zuerst begrüßten; denn bis¬
lang hatten sie sich noch nicht gesprochen an die¬
sem Tage.

Wie nun die Männer mit Behagen ihr
Frühstück einnahmen und mit zufriedenem Wohl¬
wollen den Kindern mittheilten, die nicht von
der Stelle wichen, so lange gegessen und getrun¬
ken wurde, ließen sie ihre Blicke in der Nähe
und Ferne herumschweifen und sahen das Städt¬
chen räucherig glänzend in seinen Bergen liegen;
denn das reichliche Mittagsmahl, welches die
Seldwyler alle Tage bereiteten, pflegte ein weit¬
hin scheinendes Silbergewölk über ihre Dächer
emporzutragen, welches lachend an ihren Bergen
hinschwebte.

"Die Lumpenhunde zu Seldwyl kochen wie¬
der gut!" sagte Manz, der eine der Bauern,
und Marti, der andere erwiederte: "Gestern
war Einer bei mir wegen des Ackers hier."
"Aus dem Bezirksrath? bei mir ist er auch ge¬
wesen!" sagte Manz. "So? und meinte wahr¬
scheinlich auch, du solltest das Land benutzen und
den Herren die Pacht zahlen?" "Ja, bis es
sich entschieden habe, wem der Acker gehöre und

begaben und ſich da zuerſt begrüßten; denn bis¬
lang hatten ſie ſich noch nicht geſprochen an die¬
ſem Tage.

Wie nun die Männer mit Behagen ihr
Frühſtück einnahmen und mit zufriedenem Wohl¬
wollen den Kindern mittheilten, die nicht von
der Stelle wichen, ſo lange gegeſſen und getrun¬
ken wurde, ließen ſie ihre Blicke in der Nähe
und Ferne herumſchweifen und ſahen das Städt¬
chen räucherig glänzend in ſeinen Bergen liegen;
denn das reichliche Mittagsmahl, welches die
Seldwyler alle Tage bereiteten, pflegte ein weit¬
hin ſcheinendes Silbergewölk über ihre Dächer
emporzutragen, welches lachend an ihren Bergen
hinſchwebte.

»Die Lumpenhunde zu Seldwyl kochen wie¬
der gut!« ſagte Manz, der eine der Bauern,
und Marti, der andere erwiederte: »Geſtern
war Einer bei mir wegen des Ackers hier.«
»Aus dem Bezirksrath? bei mir iſt er auch ge¬
weſen!« ſagte Manz. »So? und meinte wahr¬
ſcheinlich auch, du ſollteſt das Land benutzen und
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[214/0226] begaben und ſich da zuerſt begrüßten; denn bis¬ lang hatten ſie ſich noch nicht geſprochen an die¬ ſem Tage. Wie nun die Männer mit Behagen ihr Frühſtück einnahmen und mit zufriedenem Wohl¬ wollen den Kindern mittheilten, die nicht von der Stelle wichen, ſo lange gegeſſen und getrun¬ ken wurde, ließen ſie ihre Blicke in der Nähe und Ferne herumſchweifen und ſahen das Städt¬ chen räucherig glänzend in ſeinen Bergen liegen; denn das reichliche Mittagsmahl, welches die Seldwyler alle Tage bereiteten, pflegte ein weit¬ hin ſcheinendes Silbergewölk über ihre Dächer emporzutragen, welches lachend an ihren Bergen hinſchwebte. »Die Lumpenhunde zu Seldwyl kochen wie¬ der gut!« ſagte Manz, der eine der Bauern, und Marti, der andere erwiederte: »Geſtern war Einer bei mir wegen des Ackers hier.« »Aus dem Bezirksrath? bei mir iſt er auch ge¬ weſen!« ſagte Manz. »So? und meinte wahr¬ ſcheinlich auch, du ſollteſt das Land benutzen und den Herren die Pacht zahlen?« »Ja, bis es ſich entſchieden habe, wem der Acker gehöre und

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/226>, abgerufen am 25.11.2024.