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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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minder Ernst war. Da nun das Gesetzliche
und das Leidenschaftliche, das Vertragsmäßige
und das ursprünglich Naturwüchsige, der Bestand
und das Revolutionaire zusammen erst das Leben
ausmachen und es vorwärts bringen, so war hie¬
gegen nichts zu sagen, als: seht euch vor, was
ihr ausrichtet! Nun aber erfuhren die Seld¬
wyler den eigenen Unstern, daß sie bei ihren
Auszügen immerdar entweder zu früh oder zu
spät und am unrechten Orte eintrafen und gar
nicht zum Schusse kamen, wenn sie nicht auf
dem Heimwege, der dann nach mannigfachem
Hin- und Herreden und genugsamem Trinken
eingeschlagen wurde, zum Vergnügen wenigstens
einige Patronen in die Luft schossen. Doch dies
genügte ihnen, sie waren gewissermaßen dabei
gewesen und es hieß im Lande, die Seldwyler
seien auch ausgerückt in schöner Haltung, lauter
Männer mit gezogenen Büchsen und goldenen
Uhren in der Tasche.

Als es das erste Mal begegnete, daß Fritz
Amrain von einem solchen Ausrücken hörte und
zugleich seines Alters halber fähig war mitzuge¬
hen, lief er, da es soweit eine gute Sache betraf,

Keller, die Leute von Seldwyla. I. 11

minder Ernſt war. Da nun das Geſetzliche
und das Leidenſchaftliche, das Vertragsmäßige
und das urſprünglich Naturwüchſige, der Beſtand
und das Revolutionaire zuſammen erſt das Leben
ausmachen und es vorwärts bringen, ſo war hie¬
gegen nichts zu ſagen, als: ſeht euch vor, was
ihr ausrichtet! Nun aber erfuhren die Seld¬
wyler den eigenen Unſtern, daß ſie bei ihren
Auszügen immerdar entweder zu früh oder zu
ſpät und am unrechten Orte eintrafen und gar
nicht zum Schuſſe kamen, wenn ſie nicht auf
dem Heimwege, der dann nach mannigfachem
Hin- und Herreden und genugſamem Trinken
eingeſchlagen wurde, zum Vergnügen wenigſtens
einige Patronen in die Luft ſchoſſen. Doch dies
genügte ihnen, ſie waren gewiſſermaßen dabei
geweſen und es hieß im Lande, die Seldwyler
ſeien auch ausgerückt in ſchöner Haltung, lauter
Männer mit gezogenen Büchſen und goldenen
Uhren in der Taſche.

Als es das erſte Mal begegnete, daß Fritz
Amrain von einem ſolchen Ausrücken hörte und
zugleich ſeines Alters halber fähig war mitzuge¬
hen, lief er, da es ſoweit eine gute Sache betraf,

Keller, die Leute von Seldwyla. I. 11
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[161/0173] minder Ernſt war. Da nun das Geſetzliche und das Leidenſchaftliche, das Vertragsmäßige und das urſprünglich Naturwüchſige, der Beſtand und das Revolutionaire zuſammen erſt das Leben ausmachen und es vorwärts bringen, ſo war hie¬ gegen nichts zu ſagen, als: ſeht euch vor, was ihr ausrichtet! Nun aber erfuhren die Seld¬ wyler den eigenen Unſtern, daß ſie bei ihren Auszügen immerdar entweder zu früh oder zu ſpät und am unrechten Orte eintrafen und gar nicht zum Schuſſe kamen, wenn ſie nicht auf dem Heimwege, der dann nach mannigfachem Hin- und Herreden und genugſamem Trinken eingeſchlagen wurde, zum Vergnügen wenigſtens einige Patronen in die Luft ſchoſſen. Doch dies genügte ihnen, ſie waren gewiſſermaßen dabei geweſen und es hieß im Lande, die Seldwyler ſeien auch ausgerückt in ſchöner Haltung, lauter Männer mit gezogenen Büchſen und goldenen Uhren in der Taſche. Als es das erſte Mal begegnete, daß Fritz Amrain von einem ſolchen Ausrücken hörte und zugleich ſeines Alters halber fähig war mitzuge¬ hen, lief er, da es ſoweit eine gute Sache betraf, Keller, die Leute von Seldwyla. I. 11

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/173>, abgerufen am 28.11.2024.