Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.nicht festlich genug, um etwa zu hohe Achtung nicht feſtlich genug, um etwa zu hohe Achtung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="143"/> nicht feſtlich genug, um etwa zu hohe Achtung<lb/> vor der luſtigen Verſammlung zu verrathen. So<lb/> begab ſie ſich alſo nach dem Rathhaus nur von<lb/> dem Dienſtmädchen begleitet, welches ihr eine<lb/> Laterne voran trug. Sie betrat zuerſt den<lb/> Speiſeſaal; allein die erſte Tafel und die Luſt¬<lb/> barkeit mit den Geſchenken war ſchon vorüber<lb/> und die Überbringer derſelben hatten ihre Mas¬<lb/> ken abgenommen und ſich unter die übrigen Gäſte<lb/> gemiſcht. In dem Saale war nichts zu ſehen<lb/> als einige Herrengeſellſchaften, die theils Karten<lb/> ſpielten, theils zechten, und ſo ſtieg ſie die Treppe<lb/> nach einer alterthümlichen Gallerie hinauf, von<lb/> wo man den Saal überſehen konnte, in welchem<lb/> getanzt wurde. Dieſe Gallerie war mit allerlei<lb/> Volk angefüllt, das nicht im Flor war und hier<lb/> dem Tanze zuſehen durfte wie etwa die Ein¬<lb/> wohner einer Reſidenz einer Fürſtenhochzeit. Frau<lb/> Regula konnte daher unbemerkt den Ball über¬<lb/> ſehen, der ſo ziemlich feierlich vor ſich ging und<lb/> die allgemeine Lüſternheit und Begehrlichkeit mit<lb/> ſeinem ſteifen und lächerlichen Ceremoniell zur<lb/> Noth verdeckte. Denn dies hätten die Seld¬<lb/> wyler nicht anders gethan; ſie huldigten vielmehr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [143/0155]
nicht feſtlich genug, um etwa zu hohe Achtung
vor der luſtigen Verſammlung zu verrathen. So
begab ſie ſich alſo nach dem Rathhaus nur von
dem Dienſtmädchen begleitet, welches ihr eine
Laterne voran trug. Sie betrat zuerſt den
Speiſeſaal; allein die erſte Tafel und die Luſt¬
barkeit mit den Geſchenken war ſchon vorüber
und die Überbringer derſelben hatten ihre Mas¬
ken abgenommen und ſich unter die übrigen Gäſte
gemiſcht. In dem Saale war nichts zu ſehen
als einige Herrengeſellſchaften, die theils Karten
ſpielten, theils zechten, und ſo ſtieg ſie die Treppe
nach einer alterthümlichen Gallerie hinauf, von
wo man den Saal überſehen konnte, in welchem
getanzt wurde. Dieſe Gallerie war mit allerlei
Volk angefüllt, das nicht im Flor war und hier
dem Tanze zuſehen durfte wie etwa die Ein¬
wohner einer Reſidenz einer Fürſtenhochzeit. Frau
Regula konnte daher unbemerkt den Ball über¬
ſehen, der ſo ziemlich feierlich vor ſich ging und
die allgemeine Lüſternheit und Begehrlichkeit mit
ſeinem ſteifen und lächerlichen Ceremoniell zur
Noth verdeckte. Denn dies hätten die Seld¬
wyler nicht anders gethan; ſie huldigten vielmehr
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