bis heute gelebt, nicht viel mehr als ein Zufall, eine durch zufällige Umstände bedingte Ideenver¬ bindung gewesen sei.
Jünglinge von zwei oder drei und zwanzig Jahren wissen noch nicht, daß jedes Leben seinen eigenen Mann macht, und haben noch keine Trost¬ gründe für Jahre, welche sie verloren wähnen. Wenn sie schon bei acht Jahre zurückzählen kön¬ nen, die sie über einer Lebensthätigkeit zugebracht, so befällt sie eine Art heiligen Grauens, selbst wenn diese Jahre wohl angewandt sind. Sie vertändeln, verträumen die Stunden und Tage, aber sie hegen einen tiefen Respect vor den Jah¬ ren, thun sich auf ihre Jugend so viel als mög¬ lich zu gut und stecken sich unaufhörlich feste Ziele, welche sie in so oder so viel Jahren erreichen wollen.
Um so verdutzter und bitterlicher lächelte Hein¬ rich jetzt vor sich hin. Er ergriff in der Ver¬ wirrung seine alte Flöte, that einige seiner natur¬ wüchsigen selbsterfundenen Läufe darauf und warf sie wieder weg. Der Aermste ahnte aber nicht einmal, was die verklungenen Töne gesungen
bis heute gelebt, nicht viel mehr als ein Zufall, eine durch zufaͤllige Umſtaͤnde bedingte Ideenver¬ bindung geweſen ſei.
Juͤnglinge von zwei oder drei und zwanzig Jahren wiſſen noch nicht, daß jedes Leben ſeinen eigenen Mann macht, und haben noch keine Troſt¬ gruͤnde fuͤr Jahre, welche ſie verloren waͤhnen. Wenn ſie ſchon bei acht Jahre zuruͤckzaͤhlen koͤn¬ nen, die ſie uͤber einer Lebensthaͤtigkeit zugebracht, ſo befaͤllt ſie eine Art heiligen Grauens, ſelbſt wenn dieſe Jahre wohl angewandt ſind. Sie vertaͤndeln, vertraͤumen die Stunden und Tage, aber ſie hegen einen tiefen Reſpect vor den Jah¬ ren, thun ſich auf ihre Jugend ſo viel als moͤg¬ lich zu gut und ſtecken ſich unaufhoͤrlich feſte Ziele, welche ſie in ſo oder ſo viel Jahren erreichen wollen.
Um ſo verdutzter und bitterlicher laͤchelte Hein¬ rich jetzt vor ſich hin. Er ergriff in der Ver¬ wirrung ſeine alte Floͤte, that einige ſeiner natur¬ wuͤchſigen ſelbſterfundenen Laͤufe darauf und warf ſie wieder weg. Der Aermſte ahnte aber nicht einmal, was die verklungenen Toͤne geſungen
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bis heute gelebt, nicht viel mehr als ein Zufall,
eine durch zufaͤllige Umſtaͤnde bedingte Ideenver¬
bindung geweſen ſei.
Juͤnglinge von zwei oder drei und zwanzig
Jahren wiſſen noch nicht, daß jedes Leben ſeinen
eigenen Mann macht, und haben noch keine Troſt¬
gruͤnde fuͤr Jahre, welche ſie verloren waͤhnen.
Wenn ſie ſchon bei acht Jahre zuruͤckzaͤhlen koͤn¬
nen, die ſie uͤber einer Lebensthaͤtigkeit zugebracht,
ſo befaͤllt ſie eine Art heiligen Grauens, ſelbſt
wenn dieſe Jahre wohl angewandt ſind. Sie
vertaͤndeln, vertraͤumen die Stunden und Tage,
aber ſie hegen einen tiefen Reſpect vor den Jah¬
ren, thun ſich auf ihre Jugend ſo viel als moͤg¬
lich zu gut und ſtecken ſich unaufhoͤrlich feſte Ziele,
welche ſie in ſo oder ſo viel Jahren erreichen
wollen.
Um ſo verdutzter und bitterlicher laͤchelte Hein¬
rich jetzt vor ſich hin. Er ergriff in der Ver¬
wirrung ſeine alte Floͤte, that einige ſeiner natur¬
wuͤchſigen ſelbſterfundenen Laͤufe darauf und warf
ſie wieder weg. Der Aermſte ahnte aber nicht
einmal, was die verklungenen Toͤne geſungen
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/48>, abgerufen am 24.11.2024.
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