die Zähne, athmete hoch auf, lehnte sich zurück und hielt die Hände um die Kniee geschlungen. "O Gott, es hat gespukt! das ist mein Tod!" rief Apollönchen, und Dortchen sagte: "Ja wohl, es spukt, es spukt!" und lachte wie eine Tolle. "Du Gottlose, fürchtest Du Dich nicht ein Bis¬ chen? Klopft Dein Herz nichtzehnmal stärker, als Du das Herz da drin gerüttelt hast?" -- "Mein Herz?" erwiederte Dortchen, "ich sage Dir, es ist guter Dinge!" -- "Was hat es denn gerufen," sagte Apollönchen und hielt sich beide Hände an die eigene pochende Herzseite, "was hat das franzö¬ sische Gespenst gesagt?" -- Fräulein! hat es ge¬ sagt, wenn es Euch gefällt, so macht dies Herz zu Eurem Nadelkissen! Geh wieder hin und sag, wir wollten uns bedenken, ob es uns gefiele!"
Eine Stunde später war Dortchen allein auf ihrem Zimmer, das sie abgeschlossen hatte, und war eifrig damit beschäftigt, ein Körbchen mit Naschwerk zurecht zu machen für den Nachtisch. Sie hatte nämlich die Gewohnheit, immer ein solches Körbchen unter ihrem Verschluß zu hal¬ ten, das mit feinem Zuckerwerk angefüllt war
die Zaͤhne, athmete hoch auf, lehnte ſich zuruͤck und hielt die Haͤnde um die Kniee geſchlungen. »O Gott, es hat geſpukt! das iſt mein Tod!« rief Apolloͤnchen, und Dortchen ſagte: »Ja wohl, es ſpukt, es ſpukt!« und lachte wie eine Tolle. »Du Gottloſe, fuͤrchteſt Du Dich nicht ein Bis¬ chen? Klopft Dein Herz nichtzehnmal ſtaͤrker, als Du das Herz da drin geruͤttelt haſt?« — »Mein Herz?« erwiederte Dortchen, »ich ſage Dir, es iſt guter Dinge!« — »Was hat es denn gerufen,« ſagte Apolloͤnchen und hielt ſich beide Haͤnde an die eigene pochende Herzſeite, »was hat das franzoͤ¬ ſiſche Geſpenſt geſagt?« — Fraͤulein! hat es ge¬ ſagt, wenn es Euch gefaͤllt, ſo macht dies Herz zu Eurem Nadelkiſſen! Geh wieder hin und ſag, wir wollten uns bedenken, ob es uns gefiele!«
Eine Stunde ſpaͤter war Dortchen allein auf ihrem Zimmer, das ſie abgeſchloſſen hatte, und war eifrig damit beſchaͤftigt, ein Koͤrbchen mit Naſchwerk zurecht zu machen fuͤr den Nachtiſch. Sie hatte naͤmlich die Gewohnheit, immer ein ſolches Koͤrbchen unter ihrem Verſchluß zu hal¬ ten, das mit feinem Zuckerwerk angefuͤllt war
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die Zaͤhne, athmete hoch auf, lehnte ſich zuruͤck
und hielt die Haͤnde um die Kniee geſchlungen.
»O Gott, es hat geſpukt! das iſt mein Tod!«
rief Apolloͤnchen, und Dortchen ſagte: »Ja wohl,
es ſpukt, es ſpukt!« und lachte wie eine Tolle.
»Du Gottloſe, fuͤrchteſt Du Dich nicht ein Bis¬
chen? Klopft Dein Herz nichtzehnmal ſtaͤrker, als
Du das Herz da drin geruͤttelt haſt?« — »Mein
Herz?« erwiederte Dortchen, »ich ſage Dir, es iſt
guter Dinge!« — »Was hat es denn gerufen,«
ſagte Apolloͤnchen und hielt ſich beide Haͤnde an die
eigene pochende Herzſeite, »was hat das franzoͤ¬
ſiſche Geſpenſt geſagt?« — Fraͤulein! hat es ge¬
ſagt, wenn es Euch gefaͤllt, ſo macht dies Herz zu
Eurem Nadelkiſſen! Geh wieder hin und ſag,
wir wollten uns bedenken, ob es uns gefiele!«
Eine Stunde ſpaͤter war Dortchen allein auf
ihrem Zimmer, das ſie abgeſchloſſen hatte, und
war eifrig damit beſchaͤftigt, ein Koͤrbchen mit
Naſchwerk zurecht zu machen fuͤr den Nachtiſch.
Sie hatte naͤmlich die Gewohnheit, immer ein
ſolches Koͤrbchen unter ihrem Verſchluß zu hal¬
ten, das mit feinem Zuckerwerk angefuͤllt war
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/442>, abgerufen am 28.11.2024.
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