Herzen ging er hin; aber sie war so lustig und aufgeweckt, daß der Erznarr sogleich wieder trau¬ rig wurde, da sie auch gar nichts zu merken schien von dem, was mit ihm vorging.
Dennoch wirkte ihre Gegenwart so wohl¬ thuend auf ihn, daß er sich zusammennahm, nicht mehr weglief, und sich still und bescheiden verhielt, ohne viel Worte zu verlieren, allein darauf be¬ dacht, bald fortzukommen. Aber sie machte ihm dies nicht so leicht, sondern trieb hundertfachen Muthwillen, der ihn immer wieder aufregte und störte, wobei sie sich immer an Andere wandte und vorzüglich Apollönchen dazu brauchte, welche für sie kichern und lachen mußte, so daß Heinrich nie wußte, wem es gelten sollte, und hundertmal in Versuchung gerieth, die Kleine beim Kopf zu nehmen und zu sagen: "Du Gänschen, was willst denn Du?"
Endlich wurden zwei große Kisten gebracht, in welche die fertigen Bilder gepackt wurden. Heinrich schickte den Tischler fort und nagelte die Kisten selber zu auf dem Hausflur, um nur etwas auszutoben. Er saß bitterlich wehmüthig auf dem
Herzen ging er hin; aber ſie war ſo luſtig und aufgeweckt, daß der Erznarr ſogleich wieder trau¬ rig wurde, da ſie auch gar nichts zu merken ſchien von dem, was mit ihm vorging.
Dennoch wirkte ihre Gegenwart ſo wohl¬ thuend auf ihn, daß er ſich zuſammennahm, nicht mehr weglief, und ſich ſtill und beſcheiden verhielt, ohne viel Worte zu verlieren, allein darauf be¬ dacht, bald fortzukommen. Aber ſie machte ihm dies nicht ſo leicht, ſondern trieb hundertfachen Muthwillen, der ihn immer wieder aufregte und ſtoͤrte, wobei ſie ſich immer an Andere wandte und vorzuͤglich Apolloͤnchen dazu brauchte, welche fuͤr ſie kichern und lachen mußte, ſo daß Heinrich nie wußte, wem es gelten ſollte, und hundertmal in Verſuchung gerieth, die Kleine beim Kopf zu nehmen und zu ſagen: »Du Gaͤnschen, was willſt denn Du?«
Endlich wurden zwei große Kiſten gebracht, in welche die fertigen Bilder gepackt wurden. Heinrich ſchickte den Tiſchler fort und nagelte die Kiſten ſelber zu auf dem Hausflur, um nur etwas auszutoben. Er ſaß bitterlich wehmuͤthig auf dem
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0431"n="421"/>
Herzen ging er hin; aber ſie war ſo luſtig und<lb/>
aufgeweckt, daß der Erznarr ſogleich wieder trau¬<lb/>
rig wurde, da ſie auch gar nichts zu merken ſchien<lb/>
von dem, was mit ihm vorging.</p><lb/><p>Dennoch wirkte ihre Gegenwart ſo wohl¬<lb/>
thuend auf ihn, daß er ſich zuſammennahm, nicht<lb/>
mehr weglief, und ſich ſtill und beſcheiden verhielt,<lb/>
ohne viel Worte zu verlieren, allein darauf be¬<lb/>
dacht, bald fortzukommen. Aber ſie machte ihm<lb/>
dies nicht ſo leicht, ſondern trieb hundertfachen<lb/>
Muthwillen, der ihn immer wieder aufregte und<lb/>ſtoͤrte, wobei ſie ſich immer an Andere wandte<lb/>
und vorzuͤglich Apolloͤnchen dazu brauchte, welche<lb/>
fuͤr ſie kichern und lachen mußte, ſo daß Heinrich<lb/>
nie wußte, wem es gelten ſollte, und hundertmal<lb/>
in Verſuchung gerieth, die Kleine beim Kopf zu<lb/>
nehmen und zu ſagen: »Du Gaͤnschen, was willſt<lb/>
denn <hirendition="#g">Du</hi>?«</p><lb/><p>Endlich wurden zwei große Kiſten gebracht,<lb/>
in welche die fertigen Bilder gepackt wurden.<lb/>
Heinrich ſchickte den Tiſchler fort und nagelte die<lb/>
Kiſten ſelber zu auf dem Hausflur, um nur etwas<lb/>
auszutoben. Er ſaß bitterlich wehmuͤthig auf dem<lb/></p></div></body></text></TEI>
[421/0431]
Herzen ging er hin; aber ſie war ſo luſtig und
aufgeweckt, daß der Erznarr ſogleich wieder trau¬
rig wurde, da ſie auch gar nichts zu merken ſchien
von dem, was mit ihm vorging.
Dennoch wirkte ihre Gegenwart ſo wohl¬
thuend auf ihn, daß er ſich zuſammennahm, nicht
mehr weglief, und ſich ſtill und beſcheiden verhielt,
ohne viel Worte zu verlieren, allein darauf be¬
dacht, bald fortzukommen. Aber ſie machte ihm
dies nicht ſo leicht, ſondern trieb hundertfachen
Muthwillen, der ihn immer wieder aufregte und
ſtoͤrte, wobei ſie ſich immer an Andere wandte
und vorzuͤglich Apolloͤnchen dazu brauchte, welche
fuͤr ſie kichern und lachen mußte, ſo daß Heinrich
nie wußte, wem es gelten ſollte, und hundertmal
in Verſuchung gerieth, die Kleine beim Kopf zu
nehmen und zu ſagen: »Du Gaͤnschen, was willſt
denn Du?«
Endlich wurden zwei große Kiſten gebracht,
in welche die fertigen Bilder gepackt wurden.
Heinrich ſchickte den Tiſchler fort und nagelte die
Kiſten ſelber zu auf dem Hausflur, um nur etwas
auszutoben. Er ſaß bitterlich wehmuͤthig auf dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/431>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.