und zu ärnten, und er machte allem Lebendigen umher Leerheit, Nichtigkeit und Seelenlosigkeit zum Vorwurf, da er Dortchen nicht hatte. Da schlenkerte ein vergnügt grinsender Feldlümme[l] daher, der ein irdenes Krüglein an einem Stricke über der Schulter trug, stand vor ihm still, gaffte ihm in das betrübte Gesicht und fing endlich an, unbändig zu lachen, indem er sich mit dem Aermel die Nase wischte. Schon das arme Krüglein that Heinrich weh in den Augen und im Herzen, da es so stillvergnügt und un¬ verschämt am Rücken dieses Burschen baumelte; wie konnte man ein solches Krügelchen umhertra¬ gen, da Dortchen nicht im Lande war? Da nun der grobe Gesell nicht aufhörte dazustehen, und ihm in's Gesicht zu lachen, stand Heinrich auf, trat weinerlich und leidvoll auf ihn zu und schlug ihm dergestalt hinter das Ohr, daß der arme Kerl zur Seite taumelte, und ehe der sich wieder fassen konnte, prügelte Heinrich all' sein Weh auf den fremden Rücken und schlug sich an dem bre¬ chenden Kruge die Hand blutig, bis der Feldlüm¬ mel, welcher glaubte, der Teufel sei hinter ihm
und zu aͤrnten, und er machte allem Lebendigen umher Leerheit, Nichtigkeit und Seelenloſigkeit zum Vorwurf, da er Dortchen nicht hatte. Da ſchlenkerte ein vergnuͤgt grinſender Feldluͤmme[l] daher, der ein irdenes Kruͤglein an einem Stricke uͤber der Schulter trug, ſtand vor ihm ſtill, gaffte ihm in das betruͤbte Geſicht und fing endlich an, unbaͤndig zu lachen, indem er ſich mit dem Aermel die Naſe wiſchte. Schon das arme Kruͤglein that Heinrich weh in den Augen und im Herzen, da es ſo ſtillvergnuͤgt und un¬ verſchaͤmt am Ruͤcken dieſes Burſchen baumelte; wie konnte man ein ſolches Kruͤgelchen umhertra¬ gen, da Dortchen nicht im Lande war? Da nun der grobe Geſell nicht aufhoͤrte dazuſtehen, und ihm in's Geſicht zu lachen, ſtand Heinrich auf, trat weinerlich und leidvoll auf ihn zu und ſchlug ihm dergeſtalt hinter das Ohr, daß der arme Kerl zur Seite taumelte, und ehe der ſich wieder faſſen konnte, pruͤgelte Heinrich all' ſein Weh auf den fremden Ruͤcken und ſchlug ſich an dem bre¬ chenden Kruge die Hand blutig, bis der Feldluͤm¬ mel, welcher glaubte, der Teufel ſei hinter ihm
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und zu aͤrnten, und er machte allem Lebendigen
umher Leerheit, Nichtigkeit und Seelenloſigkeit
zum Vorwurf, da er Dortchen nicht hatte. Da
ſchlenkerte ein vergnuͤgt grinſender Feldluͤmmel
daher, der ein irdenes Kruͤglein an einem
Stricke uͤber der Schulter trug, ſtand vor ihm
ſtill, gaffte ihm in das betruͤbte Geſicht und fing
endlich an, unbaͤndig zu lachen, indem er ſich mit
dem Aermel die Naſe wiſchte. Schon das arme
Kruͤglein that Heinrich weh in den Augen
und im Herzen, da es ſo ſtillvergnuͤgt und un¬
verſchaͤmt am Ruͤcken dieſes Burſchen baumelte;
wie konnte man ein ſolches Kruͤgelchen umhertra¬
gen, da Dortchen nicht im Lande war? Da nun
der grobe Geſell nicht aufhoͤrte dazuſtehen, und
ihm in's Geſicht zu lachen, ſtand Heinrich auf,
trat weinerlich und leidvoll auf ihn zu und ſchlug
ihm dergeſtalt hinter das Ohr, daß der arme
Kerl zur Seite taumelte, und ehe der ſich wieder
faſſen konnte, pruͤgelte Heinrich all' ſein Weh auf
den fremden Ruͤcken und ſchlug ſich an dem bre¬
chenden Kruge die Hand blutig, bis der Feldluͤm¬
mel, welcher glaubte, der Teufel ſei hinter ihm
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/426>, abgerufen am 26.11.2024.
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