sein, und dennoch traurig sein müssen aus Man¬ gel an guter Gesellschaft.
Wie nun Heinrich an diesen Spielereien und Neckereien aller Art sich sonnte, die oft in nichts Anderem bestanden, als daß Dortchen eine Münze oder Glas zum Tanzen brachte und gegen ihn hin dirigirte, worauf er dem Gegenstand einen Nasenstüber gab, daß er wieder zurückflog, mußte er sich tausendmal in Acht nehmen, sie nicht drum anzusehen, wenn das Geldstück umgepurzelt war, und über dem kindisch leichten Thun sein schwe¬ res Geheimniß zu verrathen. Desnahen hielt er sich gewaltsam zurück; aber das that ihm so weh, daß er aus Verzweiflung unartig und launisch wurde und sich die schönsten Stunden unwieder¬ bringlich verdarb.
Nun glaubte er sich zu heilen, wenn er sich Dortchens Gegenwart entzöge, und fing an, da es erklärter Frühling war, früh Morgens wegzu¬ gehen, sich den ganzen Tag im Lande umherzu¬ treiben und erst in der Nacht zurückzukehren, wenn schon Alles schlief. Nachdem er dies einige Tage
ſein, und dennoch traurig ſein muͤſſen aus Man¬ gel an guter Geſellſchaft.
Wie nun Heinrich an dieſen Spielereien und Neckereien aller Art ſich ſonnte, die oft in nichts Anderem beſtanden, als daß Dortchen eine Muͤnze oder Glas zum Tanzen brachte und gegen ihn hin dirigirte, worauf er dem Gegenſtand einen Naſenſtuͤber gab, daß er wieder zuruͤckflog, mußte er ſich tauſendmal in Acht nehmen, ſie nicht drum anzuſehen, wenn das Geldſtuͤck umgepurzelt war, und uͤber dem kindiſch leichten Thun ſein ſchwe¬ res Geheimniß zu verrathen. Desnahen hielt er ſich gewaltſam zuruͤck; aber das that ihm ſo weh, daß er aus Verzweiflung unartig und launiſch wurde und ſich die ſchoͤnſten Stunden unwieder¬ bringlich verdarb.
Nun glaubte er ſich zu heilen, wenn er ſich Dortchens Gegenwart entzoͤge, und fing an, da es erklaͤrter Fruͤhling war, fruͤh Morgens wegzu¬ gehen, ſich den ganzen Tag im Lande umherzu¬ treiben und erſt in der Nacht zuruͤckzukehren, wenn ſchon Alles ſchlief. Nachdem er dies einige Tage
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0413"n="403"/>ſein, und dennoch traurig ſein muͤſſen aus Man¬<lb/>
gel an guter Geſellſchaft.</p><lb/><p>Wie nun Heinrich an dieſen Spielereien und<lb/>
Neckereien aller Art ſich ſonnte, die oft in nichts<lb/>
Anderem beſtanden, als daß Dortchen eine Muͤnze<lb/>
oder Glas zum Tanzen brachte und gegen ihn<lb/>
hin dirigirte, worauf er dem Gegenſtand einen<lb/>
Naſenſtuͤber gab, daß er wieder zuruͤckflog, mußte<lb/>
er ſich tauſendmal in Acht nehmen, ſie nicht drum<lb/>
anzuſehen, wenn das Geldſtuͤck umgepurzelt war,<lb/>
und uͤber dem kindiſch leichten Thun ſein ſchwe¬<lb/>
res Geheimniß zu verrathen. Desnahen hielt er<lb/>ſich gewaltſam zuruͤck; aber das that ihm ſo weh,<lb/>
daß er aus Verzweiflung unartig und launiſch<lb/>
wurde und ſich die ſchoͤnſten Stunden unwieder¬<lb/>
bringlich verdarb.</p><lb/><p>Nun glaubte er ſich zu heilen, wenn er ſich<lb/>
Dortchens Gegenwart entzoͤge, und fing an, da<lb/>
es erklaͤrter Fruͤhling war, fruͤh Morgens wegzu¬<lb/>
gehen, ſich den ganzen Tag im Lande umherzu¬<lb/>
treiben und erſt in der Nacht zuruͤckzukehren, wenn<lb/>ſchon Alles ſchlief. Nachdem er dies einige Tage<lb/></p></div></body></text></TEI>
[403/0413]
ſein, und dennoch traurig ſein muͤſſen aus Man¬
gel an guter Geſellſchaft.
Wie nun Heinrich an dieſen Spielereien und
Neckereien aller Art ſich ſonnte, die oft in nichts
Anderem beſtanden, als daß Dortchen eine Muͤnze
oder Glas zum Tanzen brachte und gegen ihn
hin dirigirte, worauf er dem Gegenſtand einen
Naſenſtuͤber gab, daß er wieder zuruͤckflog, mußte
er ſich tauſendmal in Acht nehmen, ſie nicht drum
anzuſehen, wenn das Geldſtuͤck umgepurzelt war,
und uͤber dem kindiſch leichten Thun ſein ſchwe¬
res Geheimniß zu verrathen. Desnahen hielt er
ſich gewaltſam zuruͤck; aber das that ihm ſo weh,
daß er aus Verzweiflung unartig und launiſch
wurde und ſich die ſchoͤnſten Stunden unwieder¬
bringlich verdarb.
Nun glaubte er ſich zu heilen, wenn er ſich
Dortchens Gegenwart entzoͤge, und fing an, da
es erklaͤrter Fruͤhling war, fruͤh Morgens wegzu¬
gehen, ſich den ganzen Tag im Lande umherzu¬
treiben und erſt in der Nacht zuruͤckzukehren, wenn
ſchon Alles ſchlief. Nachdem er dies einige Tage
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/413>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.