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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Wechsel mit gänzlicher Hoffnungslosigkeit, da er
schon in dem Stadium war, wo man einer
Schönen, die man liebt, auch die leeren bös¬
willigen Freundlichkeiten und Koketterien verzeiht
und sogar mit Dank hinnimmt, ohne eine Hoff¬
nung darauf zu bauen. Dieses war nicht eine
sentimentale Schwäche und Mädchenhaftigkeit,
sondern es rührte gerade von der Kraft und
Tiefe der entfachten Leidenschaft her und von
dem ehrlichen Ernste, mit welchem er sie empfand.
Denn wo es sich um Alles handelt, um ein gro¬
ßes Glück oder Unglück, wird ein wohl eingerich¬
teter Mann mitten in der Leidenschaft dennoch
Rücksicht für zehn nehmen, und gerade weil es
ihm bitterer Ernst ist, glücklich zu sein und glück¬
lich zu machen, so setzt er sein Heil auf die
Karte der Hoffnungslosigkeit, weil Liebe, wenn
sie durch Hoffnungslosigkeit ihr Spiel verliert,
nichts verloren hat, als sich selbst.

Am Morgen war er stiller als gewöhnlich
und ließ sich nichts ansehen; doch war es nun
mit seiner Ruhe vorbei und mit der Arbeit jeg¬

Wechſel mit gaͤnzlicher Hoffnungsloſigkeit, da er
ſchon in dem Stadium war, wo man einer
Schoͤnen, die man liebt, auch die leeren boͤs¬
willigen Freundlichkeiten und Koketterien verzeiht
und ſogar mit Dank hinnimmt, ohne eine Hoff¬
nung darauf zu bauen. Dieſes war nicht eine
ſentimentale Schwaͤche und Maͤdchenhaftigkeit,
ſondern es ruͤhrte gerade von der Kraft und
Tiefe der entfachten Leidenſchaft her und von
dem ehrlichen Ernſte, mit welchem er ſie empfand.
Denn wo es ſich um Alles handelt, um ein gro¬
ßes Gluͤck oder Ungluͤck, wird ein wohl eingerich¬
teter Mann mitten in der Leidenſchaft dennoch
Ruͤckſicht fuͤr zehn nehmen, und gerade weil es
ihm bitterer Ernſt iſt, gluͤcklich zu ſein und gluͤck¬
lich zu machen, ſo ſetzt er ſein Heil auf die
Karte der Hoffnungsloſigkeit, weil Liebe, wenn
ſie durch Hoffnungsloſigkeit ihr Spiel verliert,
nichts verloren hat, als ſich ſelbſt.

Am Morgen war er ſtiller als gewoͤhnlich
und ließ ſich nichts anſehen; doch war es nun
mit ſeiner Ruhe vorbei und mit der Arbeit jeg¬

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[400/0410] Wechſel mit gaͤnzlicher Hoffnungsloſigkeit, da er ſchon in dem Stadium war, wo man einer Schoͤnen, die man liebt, auch die leeren boͤs¬ willigen Freundlichkeiten und Koketterien verzeiht und ſogar mit Dank hinnimmt, ohne eine Hoff¬ nung darauf zu bauen. Dieſes war nicht eine ſentimentale Schwaͤche und Maͤdchenhaftigkeit, ſondern es ruͤhrte gerade von der Kraft und Tiefe der entfachten Leidenſchaft her und von dem ehrlichen Ernſte, mit welchem er ſie empfand. Denn wo es ſich um Alles handelt, um ein gro¬ ßes Gluͤck oder Ungluͤck, wird ein wohl eingerich¬ teter Mann mitten in der Leidenſchaft dennoch Ruͤckſicht fuͤr zehn nehmen, und gerade weil es ihm bitterer Ernſt iſt, gluͤcklich zu ſein und gluͤck¬ lich zu machen, ſo ſetzt er ſein Heil auf die Karte der Hoffnungsloſigkeit, weil Liebe, wenn ſie durch Hoffnungsloſigkeit ihr Spiel verliert, nichts verloren hat, als ſich ſelbſt. Am Morgen war er ſtiller als gewoͤhnlich und ließ ſich nichts anſehen; doch war es nun mit ſeiner Ruhe vorbei und mit der Arbeit jeg¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/410>, abgerufen am 25.11.2024.