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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Himmel ist ja rund und dies Blaue hier ist
viereckig, gerade wie der neue Weiher hinter der
Mühle, wo der Herr die Linden hat drum pflan¬
zen lassen. Und gewiß hast Du das Bild verkehrt
aufgemacht! Kehr' es nur einmal um, dann ist
das Wasser schon unten und die Bäume sind
oben!"

"Ja, mit den Wurzeln!" sagte Dorothea noch
immer lachend, "dies ist ja nur ein Stück vom
Himmel, du Kind! Guck einmal durch's Fen¬
ster, so siehest Du auch nur ein solches Viereck,
Du Viereck!"

"Und Du Dreieck!" sagte Apollönchen und
schlug der jungen Herrin mit der flachen Hand
auf den Nacken. Plötzlich hielt diese aber an sich
und legte bedenklich den Finger an den offenen
Mund, als ob ihr etwas sehr Wichtiges einfiele;
denn auf dem Blatte, das sie jetzt in die Hand
genommen, war zwischen den Bäumen ein Stück
von einer helvetischen Alpenkette zu sehen. Hein¬
rich war über den lieblichen fibrirenden Modula¬
tionen des Mädchengezwitschers sanft eingeschlafen,
und er hörte im Schlafe jetzt einen jener unarti¬

Himmel iſt ja rund und dies Blaue hier iſt
viereckig, gerade wie der neue Weiher hinter der
Muͤhle, wo der Herr die Linden hat drum pflan¬
zen laſſen. Und gewiß haſt Du das Bild verkehrt
aufgemacht! Kehr' es nur einmal um, dann iſt
das Waſſer ſchon unten und die Baͤume ſind
oben!«

»Ja, mit den Wurzeln!« ſagte Dorothea noch
immer lachend, »dies iſt ja nur ein Stuͤck vom
Himmel, du Kind! Guck einmal durch's Fen¬
ſter, ſo ſieheſt Du auch nur ein ſolches Viereck,
Du Viereck!«

»Und Du Dreieck!« ſagte Apolloͤnchen und
ſchlug der jungen Herrin mit der flachen Hand
auf den Nacken. Ploͤtzlich hielt dieſe aber an ſich
und legte bedenklich den Finger an den offenen
Mund, als ob ihr etwas ſehr Wichtiges einfiele;
denn auf dem Blatte, das ſie jetzt in die Hand
genommen, war zwiſchen den Baͤumen ein Stuͤck
von einer helvetiſchen Alpenkette zu ſehen. Hein¬
rich war uͤber den lieblichen fibrirenden Modula¬
tionen des Maͤdchengezwitſchers ſanft eingeſchlafen,
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[315/0325] Himmel iſt ja rund und dies Blaue hier iſt viereckig, gerade wie der neue Weiher hinter der Muͤhle, wo der Herr die Linden hat drum pflan¬ zen laſſen. Und gewiß haſt Du das Bild verkehrt aufgemacht! Kehr' es nur einmal um, dann iſt das Waſſer ſchon unten und die Baͤume ſind oben!« »Ja, mit den Wurzeln!« ſagte Dorothea noch immer lachend, »dies iſt ja nur ein Stuͤck vom Himmel, du Kind! Guck einmal durch's Fen¬ ſter, ſo ſieheſt Du auch nur ein ſolches Viereck, Du Viereck!« »Und Du Dreieck!« ſagte Apolloͤnchen und ſchlug der jungen Herrin mit der flachen Hand auf den Nacken. Ploͤtzlich hielt dieſe aber an ſich und legte bedenklich den Finger an den offenen Mund, als ob ihr etwas ſehr Wichtiges einfiele; denn auf dem Blatte, das ſie jetzt in die Hand genommen, war zwiſchen den Baͤumen ein Stuͤck von einer helvetiſchen Alpenkette zu ſehen. Hein¬ rich war uͤber den lieblichen fibrirenden Modula¬ tionen des Maͤdchengezwitſchers ſanft eingeſchlafen, und er hoͤrte im Schlafe jetzt einen jener unarti¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/325>, abgerufen am 25.11.2024.