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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Dohlen herumschwärmten, und das Wunderbare
war nur, daß man auch die allerfernsten Vögel
deutlich erkannte und ihre glänzenden Farben un¬
terscheiden konnte. Nachdem Heinrich sich satt¬
sam umgeschaut, ging er weiter und schaute wieder
in die Tiefe, wo er jetzt eine noch viel tiefere
Felsschlucht entdeckte, die aber für sich allein
gänzlich von der Sonne erhellt war, welche durch
irgend eine Bergspalte hereinbrach. Auf dem
Grunde war eine kleine Wiese an einem klaren
Bache; mitten auf der Wiese saß auf ihrem klei¬
nen Strohsessel Heinrich's Mutter in einem brau¬
nen Einsiedlerkleide und mit eisgrauen Haaren.
Sie war uralt und gebeugt, und Heinrich konnte
ungeachtet der fernen Tiefe jeden ihrer Züge genau
erkennen. Sie hütete mit einer grünenden Ruthe
eine kleine Heerde großer Silberfasanen, und
wenn einer sich aus ihrem Umkreise entfernen
wollte, schlug sie leise auf seine Flügel, worauf
einige glänzende Federn emporschwebten und in
der Sonne spielten. Am Bächlein aber stand
ihr Spinnrad, das mit Schaufeln versehen und
eigentlich ein kleines Mühlrad war und sich blitz¬

Dohlen herumſchwaͤrmten, und das Wunderbare
war nur, daß man auch die allerfernſten Voͤgel
deutlich erkannte und ihre glaͤnzenden Farben un¬
terſcheiden konnte. Nachdem Heinrich ſich ſatt¬
ſam umgeſchaut, ging er weiter und ſchaute wieder
in die Tiefe, wo er jetzt eine noch viel tiefere
Felsſchlucht entdeckte, die aber fuͤr ſich allein
gaͤnzlich von der Sonne erhellt war, welche durch
irgend eine Bergſpalte hereinbrach. Auf dem
Grunde war eine kleine Wieſe an einem klaren
Bache; mitten auf der Wieſe ſaß auf ihrem klei¬
nen Strohſeſſel Heinrich's Mutter in einem brau¬
nen Einſiedlerkleide und mit eisgrauen Haaren.
Sie war uralt und gebeugt, und Heinrich konnte
ungeachtet der fernen Tiefe jeden ihrer Zuͤge genau
erkennen. Sie huͤtete mit einer gruͤnenden Ruthe
eine kleine Heerde großer Silberfaſanen, und
wenn einer ſich aus ihrem Umkreiſe entfernen
wollte, ſchlug ſie leiſe auf ſeine Fluͤgel, worauf
einige glaͤnzende Federn emporſchwebten und in
der Sonne ſpielten. Am Baͤchlein aber ſtand
ihr Spinnrad, das mit Schaufeln verſehen und
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[234/0244] Dohlen herumſchwaͤrmten, und das Wunderbare war nur, daß man auch die allerfernſten Voͤgel deutlich erkannte und ihre glaͤnzenden Farben un¬ terſcheiden konnte. Nachdem Heinrich ſich ſatt¬ ſam umgeſchaut, ging er weiter und ſchaute wieder in die Tiefe, wo er jetzt eine noch viel tiefere Felsſchlucht entdeckte, die aber fuͤr ſich allein gaͤnzlich von der Sonne erhellt war, welche durch irgend eine Bergſpalte hereinbrach. Auf dem Grunde war eine kleine Wieſe an einem klaren Bache; mitten auf der Wieſe ſaß auf ihrem klei¬ nen Strohſeſſel Heinrich's Mutter in einem brau¬ nen Einſiedlerkleide und mit eisgrauen Haaren. Sie war uralt und gebeugt, und Heinrich konnte ungeachtet der fernen Tiefe jeden ihrer Zuͤge genau erkennen. Sie huͤtete mit einer gruͤnenden Ruthe eine kleine Heerde großer Silberfaſanen, und wenn einer ſich aus ihrem Umkreiſe entfernen wollte, ſchlug ſie leiſe auf ſeine Fluͤgel, worauf einige glaͤnzende Federn emporſchwebten und in der Sonne ſpielten. Am Baͤchlein aber ſtand ihr Spinnrad, das mit Schaufeln verſehen und eigentlich ein kleines Muͤhlrad war und ſich blitz¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/244>, abgerufen am 24.11.2024.