Gesellen, wie sie die Aehnlichkeit des Schicksales vorübergehend herbeiführte, herum.
Gleichzeitig nahm aber sein ernährender Jugendvorrath ein Ende, nachdem er schon sorg¬ fältig die letzten Fetzen und Fragmente zusammen¬ gesucht und für den Alten zugestutzt hatte. End¬ lich bot er ihm seine großen Bilder und Cartons an und der Alte sagte, er solle sie nur einmal herbringen. Heinrich erwiederte, das ginge nicht wohl an, und bat ihn um so viel Geld, daß er sie könne hertragen lassen. "Warum nicht gar, hertragen lassen! Sie Sapperloter! Gleich gehen Sie hin und holen ein Stück her! Fürch¬ ten Sie denn, man werde Ihnen den Kopf ab¬ beißen?" Und er schmeichelte und schalt so lange, bis Heinrich sich entschloß und nach Hause ging und das Bild holte, welches er einst so unglück¬ lich ausgestellt hatte. Es war sehr schwer und der weite Weg ermüdete seine Arme auf unge¬ wohnte Weise. Der Alte aber lächelte und schmunzelte und rief: "Ei, ei! sieh, sieh! das ist ja ein ganzes Gemälde! Verstehe nicht den Teufel davon! Aber hochtragisch sieht's aus (er wollte
IV. 12
Geſellen, wie ſie die Aehnlichkeit des Schickſales voruͤbergehend herbeifuͤhrte, herum.
Gleichzeitig nahm aber ſein ernaͤhrender Jugendvorrath ein Ende, nachdem er ſchon ſorg¬ faͤltig die letzten Fetzen und Fragmente zuſammen¬ geſucht und fuͤr den Alten zugeſtutzt hatte. End¬ lich bot er ihm ſeine großen Bilder und Cartons an und der Alte ſagte, er ſolle ſie nur einmal herbringen. Heinrich erwiederte, das ginge nicht wohl an, und bat ihn um ſo viel Geld, daß er ſie koͤnne hertragen laſſen. »Warum nicht gar, hertragen laſſen! Sie Sapperloter! Gleich gehen Sie hin und holen ein Stuͤck her! Fuͤrch¬ ten Sie denn, man werde Ihnen den Kopf ab¬ beißen?« Und er ſchmeichelte und ſchalt ſo lange, bis Heinrich ſich entſchloß und nach Hauſe ging und das Bild holte, welches er einſt ſo ungluͤck¬ lich ausgeſtellt hatte. Es war ſehr ſchwer und der weite Weg ermuͤdete ſeine Arme auf unge¬ wohnte Weiſe. Der Alte aber laͤchelte und ſchmunzelte und rief: »Ei, ei! ſieh, ſieh! das iſt ja ein ganzes Gemaͤlde! Verſtehe nicht den Teufel davon! Aber hochtragiſch ſieht's aus (er wollte
IV. 12
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Geſellen, wie ſie die Aehnlichkeit des Schickſales
voruͤbergehend herbeifuͤhrte, herum.
Gleichzeitig nahm aber ſein ernaͤhrender
Jugendvorrath ein Ende, nachdem er ſchon ſorg¬
faͤltig die letzten Fetzen und Fragmente zuſammen¬
geſucht und fuͤr den Alten zugeſtutzt hatte. End¬
lich bot er ihm ſeine großen Bilder und Cartons
an und der Alte ſagte, er ſolle ſie nur einmal
herbringen. Heinrich erwiederte, das ginge nicht
wohl an, und bat ihn um ſo viel Geld, daß er
ſie koͤnne hertragen laſſen. »Warum nicht gar,
hertragen laſſen! Sie Sapperloter! Gleich
gehen Sie hin und holen ein Stuͤck her! Fuͤrch¬
ten Sie denn, man werde Ihnen den Kopf ab¬
beißen?« Und er ſchmeichelte und ſchalt ſo lange,
bis Heinrich ſich entſchloß und nach Hauſe ging
und das Bild holte, welches er einſt ſo ungluͤck¬
lich ausgeſtellt hatte. Es war ſehr ſchwer und
der weite Weg ermuͤdete ſeine Arme auf unge¬
wohnte Weiſe. Der Alte aber laͤchelte und
ſchmunzelte und rief: »Ei, ei! ſieh, ſieh! das iſt ja
ein ganzes Gemaͤlde! Verſtehe nicht den Teufel
davon! Aber hochtragiſch ſieht's aus (er wollte
IV. 12
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/187>, abgerufen am 27.11.2024.
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