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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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Morgen um acht Uhr kommen und den ganzen
Tag bei mir arbeiten."

Ich wünschte nichts Besseres zu thun und
lief eiligst nach Hause, den Vorschlag meiner
Mutter zu hinterbringen. Allein sie war nicht
so eilig, wie ich, und ging, da es sich um Aus¬
gabe einer erkleklichen Summe handelte und ich
selbst einen Theil des an Habersaat Bezahlten
für verlorenes Geld hielt, erst jenen vornehmen
Herrn, bei dem sie schon früher ein Mal gewesen,
um Rath zu fragen; denn sie dachte, derselbe
werde jedenfalls wissen, ob Römer wirklich der
geachtete und berühmte Künstler sei, für welchen
ich ihn so eifrig ausgab. Doch man zuckte die
Achseln, gab zwar zu, daß er als Künstler talent¬
voll und in der Ferne renommirt sei; über seinen
Charakter jedoch hüllte man sich in's Unklare,
wollte nicht viel Gutes wissen, ohne etwas Näheres
angeben zu können, und meinte schließlich, wir
sollten uns in Acht nehmen. Jedenfalls sei die
Forderung zu groß, unsere Stadt sei nicht Rom
oder Paris, auch hielte man dafür, es wäre ge¬
rathener, die Mittel für meine Reisen aufzusparen

Morgen um acht Uhr kommen und den ganzen
Tag bei mir arbeiten.«

Ich wuͤnſchte nichts Beſſeres zu thun und
lief eiligſt nach Hauſe, den Vorſchlag meiner
Mutter zu hinterbringen. Allein ſie war nicht
ſo eilig, wie ich, und ging, da es ſich um Aus¬
gabe einer erkleklichen Summe handelte und ich
ſelbſt einen Theil des an Haberſaat Bezahlten
fuͤr verlorenes Geld hielt, erſt jenen vornehmen
Herrn, bei dem ſie ſchon fruͤher ein Mal geweſen,
um Rath zu fragen; denn ſie dachte, derſelbe
werde jedenfalls wiſſen, ob Roͤmer wirklich der
geachtete und beruͤhmte Kuͤnſtler ſei, fuͤr welchen
ich ihn ſo eifrig ausgab. Doch man zuckte die
Achſeln, gab zwar zu, daß er als Kuͤnſtler talent¬
voll und in der Ferne renommirt ſei; uͤber ſeinen
Charakter jedoch huͤllte man ſich in's Unklare,
wollte nicht viel Gutes wiſſen, ohne etwas Naͤheres
angeben zu koͤnnen, und meinte ſchließlich, wir
ſollten uns in Acht nehmen. Jedenfalls ſei die
Forderung zu groß, unſere Stadt ſei nicht Rom
oder Paris, auch hielte man dafuͤr, es waͤre ge¬
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[27/0037] Morgen um acht Uhr kommen und den ganzen Tag bei mir arbeiten.« Ich wuͤnſchte nichts Beſſeres zu thun und lief eiligſt nach Hauſe, den Vorſchlag meiner Mutter zu hinterbringen. Allein ſie war nicht ſo eilig, wie ich, und ging, da es ſich um Aus¬ gabe einer erkleklichen Summe handelte und ich ſelbſt einen Theil des an Haberſaat Bezahlten fuͤr verlorenes Geld hielt, erſt jenen vornehmen Herrn, bei dem ſie ſchon fruͤher ein Mal geweſen, um Rath zu fragen; denn ſie dachte, derſelbe werde jedenfalls wiſſen, ob Roͤmer wirklich der geachtete und beruͤhmte Kuͤnſtler ſei, fuͤr welchen ich ihn ſo eifrig ausgab. Doch man zuckte die Achſeln, gab zwar zu, daß er als Kuͤnſtler talent¬ voll und in der Ferne renommirt ſei; uͤber ſeinen Charakter jedoch huͤllte man ſich in's Unklare, wollte nicht viel Gutes wiſſen, ohne etwas Naͤheres angeben zu koͤnnen, und meinte ſchließlich, wir ſollten uns in Acht nehmen. Jedenfalls ſei die Forderung zu groß, unſere Stadt ſei nicht Rom oder Paris, auch hielte man dafuͤr, es waͤre ge¬ rathener, die Mittel fuͤr meine Reiſen aufzuſparen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/37>, abgerufen am 19.04.2024.