denklichen Sachen, ließen sich nun ohne Arg von ihrer Ausgelassenheit hinreißen und freuten sich über das reizende lustige Mädchen, über welches ein eigenthümlicher dämonischer Zauber gegossen war. Sie brach blühende Myrthen- und Lorbeer¬ zweige und flocht Kränze daraus; sie plünderte das ganze Gewächshaus, um Sträuße zu binden, und indem sie ihre Zechbrüder mit den fremden Wunderblumen aufputzte und ihnen die Kränze aufsetzte, sowie sich selbst, tanzte sie nicht wie eine Diana, sondern wie eine kleine angehende Bac¬ chantin herum, ohne daß indeß die ganze Scene das Geringste von ihrer Unschuld und Harmlosig¬ keit verloren hätte.
Aber plötzlich, als die Lust am größten war, veränderte sich ihr Gesicht und sie fing bitterlich an zu weinen; sie warf sich auf einen Stuhl und weinte mehr und mehr, es war als ob alle Quel¬ len des Leides sich geöffnet hätten, und bald war das Tischtuch, auf das sie ihr schluchzendes Haupt niederbeugte, von ihren strömenden Thränen be¬ netzt, die sich mit dem Champagner ihres umge¬ stürzten Glases vermischten.
denklichen Sachen, ließen ſich nun ohne Arg von ihrer Ausgelaſſenheit hinreißen und freuten ſich uͤber das reizende luſtige Maͤdchen, uͤber welches ein eigenthuͤmlicher daͤmoniſcher Zauber gegoſſen war. Sie brach bluͤhende Myrthen- und Lorbeer¬ zweige und flocht Kraͤnze daraus; ſie pluͤnderte das ganze Gewaͤchshaus, um Straͤuße zu binden, und indem ſie ihre Zechbruͤder mit den fremden Wunderblumen aufputzte und ihnen die Kraͤnze aufſetzte, ſowie ſich ſelbſt, tanzte ſie nicht wie eine Diana, ſondern wie eine kleine angehende Bac¬ chantin herum, ohne daß indeß die ganze Scene das Geringſte von ihrer Unſchuld und Harmloſig¬ keit verloren haͤtte.
Aber ploͤtzlich, als die Luſt am groͤßten war, veraͤnderte ſich ihr Geſicht und ſie fing bitterlich an zu weinen; ſie warf ſich auf einen Stuhl und weinte mehr und mehr, es war als ob alle Quel¬ len des Leides ſich geoͤffnet haͤtten, und bald war das Tiſchtuch, auf das ſie ihr ſchluchzendes Haupt niederbeugte, von ihren ſtroͤmenden Thraͤnen be¬ netzt, die ſich mit dem Champagner ihres umge¬ ſtuͤrzten Glaſes vermiſchten.
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denklichen Sachen, ließen ſich nun ohne Arg von
ihrer Ausgelaſſenheit hinreißen und freuten ſich
uͤber das reizende luſtige Maͤdchen, uͤber welches
ein eigenthuͤmlicher daͤmoniſcher Zauber gegoſſen
war. Sie brach bluͤhende Myrthen- und Lorbeer¬
zweige und flocht Kraͤnze daraus; ſie pluͤnderte
das ganze Gewaͤchshaus, um Straͤuße zu binden,
und indem ſie ihre Zechbruͤder mit den fremden
Wunderblumen aufputzte und ihnen die Kraͤnze
aufſetzte, ſowie ſich ſelbſt, tanzte ſie nicht wie eine
Diana, ſondern wie eine kleine angehende Bac¬
chantin herum, ohne daß indeß die ganze Scene
das Geringſte von ihrer Unſchuld und Harmloſig¬
keit verloren haͤtte.
Aber ploͤtzlich, als die Luſt am groͤßten war,
veraͤnderte ſich ihr Geſicht und ſie fing bitterlich
an zu weinen; ſie warf ſich auf einen Stuhl und
weinte mehr und mehr, es war als ob alle Quel¬
len des Leides ſich geoͤffnet haͤtten, und bald war
das Tiſchtuch, auf das ſie ihr ſchluchzendes Haupt
niederbeugte, von ihren ſtroͤmenden Thraͤnen be¬
netzt, die ſich mit dem Champagner ihres umge¬
ſtuͤrzten Glaſes vermiſchten.
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/351>, abgerufen am 25.11.2024.
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