durchrieselt, ging mit jedem Schritt, den sie vor¬ wärts that, wie ein Krebs einen Schritt rück¬ wärts, aber sie nicht aus den Augen verlierend. So trat ich unter die Bäume zurück, bis ich mich in den Brombeerstauden fing und wieder still stand. Ich war nun verborgen und im Dunkeln, während sie im Lichte mir vorschwebte und schim¬ merte; ich drückte meinen Kopf an einen kühlen Stamm und besah unverwandt die Erscheinung. Jetzt ward es ihr selbst unheimlich; sie stand dicht bei ihrem Gewande und begann wie der Blitz sich an¬ zuziehen. Ich sah aber, daß sie erst jetzt in Verlegen¬ heit gerieth, und trat unwillkürlich, meine eigene Ver¬ wirrung vergessend, hervor, half ihr zitternd den Rock über der Brust zuheften und reichte ihr das große weiße Halstuch. Hierauf umschlang ich ihren Hals und küßte sie auf den Mund, gewis¬ sermaßen um keinen müssigen Augenblick aufkom¬ men zu lassen; sie fühlte dies wohl; denn sie war nun über und über roth bis in die noch feuchte Brust hinein; sie steckte hastig ihre feinen Strümpfe in die Tasche und schlüpfte mit bloßen Füßen in die Schuhe, worauf sie mich noch einmal um¬
durchrieſelt, ging mit jedem Schritt, den ſie vor¬ waͤrts that, wie ein Krebs einen Schritt ruͤck¬ waͤrts, aber ſie nicht aus den Augen verlierend. So trat ich unter die Baͤume zuruͤck, bis ich mich in den Brombeerſtauden fing und wieder ſtill ſtand. Ich war nun verborgen und im Dunkeln, waͤhrend ſie im Lichte mir vorſchwebte und ſchim¬ merte; ich druͤckte meinen Kopf an einen kuͤhlen Stamm und beſah unverwandt die Erſcheinung. Jetzt ward es ihr ſelbſt unheimlich; ſie ſtand dicht bei ihrem Gewande und begann wie der Blitz ſich an¬ zuziehen. Ich ſah aber, daß ſie erſt jetzt in Verlegen¬ heit gerieth, und trat unwillkuͤrlich, meine eigene Ver¬ wirrung vergeſſend, hervor, half ihr zitternd den Rock uͤber der Bruſt zuheften und reichte ihr das große weiße Halstuch. Hierauf umſchlang ich ihren Hals und kuͤßte ſie auf den Mund, gewiſ¬ ſermaßen um keinen muͤſſigen Augenblick aufkom¬ men zu laſſen; ſie fuͤhlte dies wohl; denn ſie war nun uͤber und uͤber roth bis in die noch feuchte Bruſt hinein; ſie ſteckte haſtig ihre feinen Struͤmpfe in die Taſche und ſchluͤpfte mit bloßen Fuͤßen in die Schuhe, worauf ſie mich noch einmal um¬
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durchrieſelt, ging mit jedem Schritt, den ſie vor¬
waͤrts that, wie ein Krebs einen Schritt ruͤck¬
waͤrts, aber ſie nicht aus den Augen verlierend.
So trat ich unter die Baͤume zuruͤck, bis ich mich
in den Brombeerſtauden fing und wieder ſtill
ſtand. Ich war nun verborgen und im Dunkeln,
waͤhrend ſie im Lichte mir vorſchwebte und ſchim¬
merte; ich druͤckte meinen Kopf an einen kuͤhlen
Stamm und beſah unverwandt die Erſcheinung.
Jetzt ward es ihr ſelbſt unheimlich; ſie ſtand dicht bei
ihrem Gewande und begann wie der Blitz ſich an¬
zuziehen. Ich ſah aber, daß ſie erſt jetzt in Verlegen¬
heit gerieth, und trat unwillkuͤrlich, meine eigene Ver¬
wirrung vergeſſend, hervor, half ihr zitternd den
Rock uͤber der Bruſt zuheften und reichte ihr das
große weiße Halstuch. Hierauf umſchlang ich
ihren Hals und kuͤßte ſie auf den Mund, gewiſ¬
ſermaßen um keinen muͤſſigen Augenblick aufkom¬
men zu laſſen; ſie fuͤhlte dies wohl; denn ſie war
nun uͤber und uͤber roth bis in die noch feuchte
Bruſt hinein; ſie ſteckte haſtig ihre feinen Struͤmpfe
in die Taſche und ſchluͤpfte mit bloßen Fuͤßen in
die Schuhe, worauf ſie mich noch einmal um¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/140>, abgerufen am 23.11.2024.
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