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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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Meine drei Basen, von zwanzig, sechszehn
und vierzehn Jahren, mit städtisch verwälschten
Namen: Margot, Lisette und Caton, hielten am
Sonntag Nachmittag lange Conferenz in ihren
Kämmerchen, einander wechselseitig besuchend und
die Thüren hinter sich abschließend. Wir Bur¬
schen, deren Toilette längst beendigt war, harrten
ungeduldig und konnten nur durch Schlüssellöcher
und Thürspalten bemerken, daß die Kleider¬
schränke weit geöffnet und die Mädchen mit wich¬
tigen Gebehrden rathschlagend davor standen. Ein
starker Geruch verschiedener Spezereien verbreitete
sich und bildete mit den neuen Stoffen und Sie¬
bensächelchen, welche in den Schränken lagen,
jenen behaglichen Duft, der sich aus geöffneten
Frauenschränken oder sonstigen Mobilien entwi¬
ckelt. Um uns die Zeit zu vertreiben, begannen
wir die andächtigen Töchter zu necken und dran¬
gen endlich mit hellem Haufen in ihre Mitte,
über einen mächtigen Schrank herfallend, um die
Nasen in die hundert Schächtelchen, Büchschen
und Heimlichkeiten zu stecken. Aber mit dem
Muthe wilder Löwinnen, denen man die Jungen

Meine drei Baſen, von zwanzig, ſechszehn
und vierzehn Jahren, mit ſtaͤdtiſch verwaͤlſchten
Namen: Margot, Liſette und Caton, hielten am
Sonntag Nachmittag lange Conferenz in ihren
Kaͤmmerchen, einander wechſelſeitig beſuchend und
die Thuͤren hinter ſich abſchließend. Wir Bur¬
ſchen, deren Toilette laͤngſt beendigt war, harrten
ungeduldig und konnten nur durch Schluͤſſelloͤcher
und Thuͤrſpalten bemerken, daß die Kleider¬
ſchraͤnke weit geoͤffnet und die Maͤdchen mit wich¬
tigen Gebehrden rathſchlagend davor ſtanden. Ein
ſtarker Geruch verſchiedener Spezereien verbreitete
ſich und bildete mit den neuen Stoffen und Sie¬
benſaͤchelchen, welche in den Schraͤnken lagen,
jenen behaglichen Duft, der ſich aus geoͤffneten
Frauenſchraͤnken oder ſonſtigen Mobilien entwi¬
ckelt. Um uns die Zeit zu vertreiben, begannen
wir die andaͤchtigen Toͤchter zu necken und dran¬
gen endlich mit hellem Haufen in ihre Mitte,
uͤber einen maͤchtigen Schrank herfallend, um die
Naſen in die hundert Schaͤchtelchen, Buͤchschen
und Heimlichkeiten zu ſtecken. Aber mit dem
Muthe wilder Loͤwinnen, denen man die Jungen

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[53/0063] Meine drei Baſen, von zwanzig, ſechszehn und vierzehn Jahren, mit ſtaͤdtiſch verwaͤlſchten Namen: Margot, Liſette und Caton, hielten am Sonntag Nachmittag lange Conferenz in ihren Kaͤmmerchen, einander wechſelſeitig beſuchend und die Thuͤren hinter ſich abſchließend. Wir Bur¬ ſchen, deren Toilette laͤngſt beendigt war, harrten ungeduldig und konnten nur durch Schluͤſſelloͤcher und Thuͤrſpalten bemerken, daß die Kleider¬ ſchraͤnke weit geoͤffnet und die Maͤdchen mit wich¬ tigen Gebehrden rathſchlagend davor ſtanden. Ein ſtarker Geruch verſchiedener Spezereien verbreitete ſich und bildete mit den neuen Stoffen und Sie¬ benſaͤchelchen, welche in den Schraͤnken lagen, jenen behaglichen Duft, der ſich aus geoͤffneten Frauenſchraͤnken oder ſonſtigen Mobilien entwi¬ ckelt. Um uns die Zeit zu vertreiben, begannen wir die andaͤchtigen Toͤchter zu necken und dran¬ gen endlich mit hellem Haufen in ihre Mitte, uͤber einen maͤchtigen Schrank herfallend, um die Naſen in die hundert Schaͤchtelchen, Buͤchschen und Heimlichkeiten zu ſtecken. Aber mit dem Muthe wilder Loͤwinnen, denen man die Jungen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/63>, abgerufen am 21.11.2024.