Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

schlichte, einstimmige, welche alte Lieder sangen,
wie vierstimmige Mannerchöre mit neuen Liedern,
gemischte Singschulen von Mädchen und Jüng¬
lingen, Kinderschaaren, Alles sang, klang und
wogte durcheinander auf der Allmende, über
welche das Feuer einen röthlichen Schein verbrei¬
tete. Vom Gebirge herüber wehte immer stärker
und wärmer der Föhn und wälzte große Wolken¬
züge über den Himmel; je dunkler die Luft
wurde, desto lauter ward die Freude, welche, zu¬
nächst um Burgtrümmer und Feuer in einem
großen Körper lagernd, weiterhin die Halde hin¬
ab sich in viele Gruppen und Einzelne vertheilte,
die bald noch im röthlichen Scheine streiften, bald in
der Dunkelheit jauchzten. Noch weiterhin summte
die Lust aus den dunklen Gefilden und wieder¬
glänzte zuletzt wieder sichtbar in den zahlreichen
Flammen am Horizonte. Der uralte gewaltige
Frühlingshauch dieses Landes, obschon er Gefahr
und Noth bringen konnte, weckte ein altes, trotzig
frohes Naturgefühl, und indem er in die Gesichter
und in die wilden Flammen wehte, ging die
Ahnung zurück vom Feuerzeichen des politischen

ſchlichte, einſtimmige, welche alte Lieder ſangen,
wie vierſtimmige Mannerchoͤre mit neuen Liedern,
gemiſchte Singſchulen von Maͤdchen und Juͤng¬
lingen, Kinderſchaaren, Alles ſang, klang und
wogte durcheinander auf der Allmende, uͤber
welche das Feuer einen roͤthlichen Schein verbrei¬
tete. Vom Gebirge heruͤber wehte immer ſtaͤrker
und waͤrmer der Foͤhn und waͤlzte große Wolken¬
zuͤge uͤber den Himmel; je dunkler die Luft
wurde, deſto lauter ward die Freude, welche, zu¬
naͤchſt um Burgtruͤmmer und Feuer in einem
großen Koͤrper lagernd, weiterhin die Halde hin¬
ab ſich in viele Gruppen und Einzelne vertheilte,
die bald noch im roͤthlichen Scheine ſtreiften, bald in
der Dunkelheit jauchzten. Noch weiterhin ſummte
die Luſt aus den dunklen Gefilden und wieder¬
glaͤnzte zuletzt wieder ſichtbar in den zahlreichen
Flammen am Horizonte. Der uralte gewaltige
Fruͤhlingshauch dieſes Landes, obſchon er Gefahr
und Noth bringen konnte, weckte ein altes, trotzig
frohes Naturgefuͤhl, und indem er in die Geſichter
und in die wilden Flammen wehte, ging die
Ahnung zuruͤck vom Feuerzeichen des politiſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0431" n="421"/>
&#x017F;chlichte, ein&#x017F;timmige, welche alte Lieder &#x017F;angen,<lb/>
wie vier&#x017F;timmige Mannercho&#x0364;re mit neuen Liedern,<lb/>
gemi&#x017F;chte Sing&#x017F;chulen von Ma&#x0364;dchen und Ju&#x0364;ng¬<lb/>
lingen, Kinder&#x017F;chaaren, Alles &#x017F;ang, klang und<lb/>
wogte durcheinander auf der Allmende, u&#x0364;ber<lb/>
welche das Feuer einen ro&#x0364;thlichen Schein verbrei¬<lb/>
tete. Vom Gebirge heru&#x0364;ber wehte immer &#x017F;ta&#x0364;rker<lb/>
und wa&#x0364;rmer der Fo&#x0364;hn und wa&#x0364;lzte große Wolken¬<lb/>
zu&#x0364;ge u&#x0364;ber den Himmel; je dunkler die Luft<lb/>
wurde, de&#x017F;to lauter ward die Freude, welche, zu¬<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t um Burgtru&#x0364;mmer und Feuer in einem<lb/>
großen Ko&#x0364;rper lagernd, weiterhin die Halde hin¬<lb/>
ab &#x017F;ich in viele Gruppen und Einzelne vertheilte,<lb/>
die bald noch im ro&#x0364;thlichen Scheine &#x017F;treiften, bald in<lb/>
der Dunkelheit jauchzten. Noch weiterhin &#x017F;ummte<lb/>
die Lu&#x017F;t aus den dunklen Gefilden und wieder¬<lb/>
gla&#x0364;nzte zuletzt wieder &#x017F;ichtbar in den zahlreichen<lb/>
Flammen am Horizonte. Der uralte gewaltige<lb/>
Fru&#x0364;hlingshauch die&#x017F;es Landes, ob&#x017F;chon er Gefahr<lb/>
und Noth bringen konnte, weckte ein altes, trotzig<lb/>
frohes Naturgefu&#x0364;hl, und indem er in die Ge&#x017F;ichter<lb/>
und in die wilden Flammen wehte, ging die<lb/>
Ahnung zuru&#x0364;ck vom Feuerzeichen des politi&#x017F;chen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0431] ſchlichte, einſtimmige, welche alte Lieder ſangen, wie vierſtimmige Mannerchoͤre mit neuen Liedern, gemiſchte Singſchulen von Maͤdchen und Juͤng¬ lingen, Kinderſchaaren, Alles ſang, klang und wogte durcheinander auf der Allmende, uͤber welche das Feuer einen roͤthlichen Schein verbrei¬ tete. Vom Gebirge heruͤber wehte immer ſtaͤrker und waͤrmer der Foͤhn und waͤlzte große Wolken¬ zuͤge uͤber den Himmel; je dunkler die Luft wurde, deſto lauter ward die Freude, welche, zu¬ naͤchſt um Burgtruͤmmer und Feuer in einem großen Koͤrper lagernd, weiterhin die Halde hin¬ ab ſich in viele Gruppen und Einzelne vertheilte, die bald noch im roͤthlichen Scheine ſtreiften, bald in der Dunkelheit jauchzten. Noch weiterhin ſummte die Luſt aus den dunklen Gefilden und wieder¬ glaͤnzte zuletzt wieder ſichtbar in den zahlreichen Flammen am Horizonte. Der uralte gewaltige Fruͤhlingshauch dieſes Landes, obſchon er Gefahr und Noth bringen konnte, weckte ein altes, trotzig frohes Naturgefuͤhl, und indem er in die Geſichter und in die wilden Flammen wehte, ging die Ahnung zuruͤck vom Feuerzeichen des politiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/431
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/431>, abgerufen am 23.11.2024.