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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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der älteren Straße auf der Anhöhe lag das Gast¬
haus des Tell, weit hinschauend und viel besucht
von Geschäftsmännern und Fuhrleuten; durch die
große Straße in der Niederung würde sich der Ver¬
kehr dort hingezogen haben und das alte berühmte
Haus vereinsamt worden sein; daher sprach sich
der wackere Tell, an der Spitze eines Anhanges
anderer Bewohner der Anhöhe, energisch für die
Nothwendigkeit aus, daß die neue Straße über
dieselbe gezogen werde. In der Tiefe hingegen
hatte ein reicher Holzhändler, die Schifffahrt ab¬
wärts benutzend, seine weitläufigen Räume ange¬
legt, dem nun die Straße zum Transport auf¬
wärts unentbehrlich schien. Er war seit einer
Reihe von Jahren, schon in der Restaurationszeit,
Mitglied des großen Rathes und einer jener
Männer, die weniger ideellen Stoff in eine ge¬
setzgebende Behörde bringen, als durch geschäft¬
liche Sach- und Localkenntniß eben so schlichte
als unentbehrliche und darum stehende Erschei¬
nungen in denselben und jeder herrschenden Par¬
tei von Nutzen sind. Er war radical und stimmte
in allen politischen Fragen im Sinne des Fort¬

der aͤlteren Straße auf der Anhoͤhe lag das Gaſt¬
haus des Tell, weit hinſchauend und viel beſucht
von Geſchaͤftsmaͤnnern und Fuhrleuten; durch die
große Straße in der Niederung wuͤrde ſich der Ver¬
kehr dort hingezogen haben und das alte beruͤhmte
Haus vereinſamt worden ſein; daher ſprach ſich
der wackere Tell, an der Spitze eines Anhanges
anderer Bewohner der Anhoͤhe, energiſch fuͤr die
Nothwendigkeit aus, daß die neue Straße uͤber
dieſelbe gezogen werde. In der Tiefe hingegen
hatte ein reicher Holzhaͤndler, die Schifffahrt ab¬
waͤrts benutzend, ſeine weitlaͤufigen Raͤume ange¬
legt, dem nun die Straße zum Transport auf¬
waͤrts unentbehrlich ſchien. Er war ſeit einer
Reihe von Jahren, ſchon in der Reſtaurationszeit,
Mitglied des großen Rathes und einer jener
Maͤnner, die weniger ideellen Stoff in eine ge¬
ſetzgebende Behoͤrde bringen, als durch geſchaͤft¬
liche Sach- und Localkenntniß eben ſo ſchlichte
als unentbehrliche und darum ſtehende Erſchei¬
nungen in denſelben und jeder herrſchenden Par¬
tei von Nutzen ſind. Er war radical und ſtimmte
in allen politiſchen Fragen im Sinne des Fort¬

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[379/0389] der aͤlteren Straße auf der Anhoͤhe lag das Gaſt¬ haus des Tell, weit hinſchauend und viel beſucht von Geſchaͤftsmaͤnnern und Fuhrleuten; durch die große Straße in der Niederung wuͤrde ſich der Ver¬ kehr dort hingezogen haben und das alte beruͤhmte Haus vereinſamt worden ſein; daher ſprach ſich der wackere Tell, an der Spitze eines Anhanges anderer Bewohner der Anhoͤhe, energiſch fuͤr die Nothwendigkeit aus, daß die neue Straße uͤber dieſelbe gezogen werde. In der Tiefe hingegen hatte ein reicher Holzhaͤndler, die Schifffahrt ab¬ waͤrts benutzend, ſeine weitlaͤufigen Raͤume ange¬ legt, dem nun die Straße zum Transport auf¬ waͤrts unentbehrlich ſchien. Er war ſeit einer Reihe von Jahren, ſchon in der Reſtaurationszeit, Mitglied des großen Rathes und einer jener Maͤnner, die weniger ideellen Stoff in eine ge¬ ſetzgebende Behoͤrde bringen, als durch geſchaͤft¬ liche Sach- und Localkenntniß eben ſo ſchlichte als unentbehrliche und darum ſtehende Erſchei¬ nungen in denſelben und jeder herrſchenden Par¬ tei von Nutzen ſind. Er war radical und ſtimmte in allen politiſchen Fragen im Sinne des Fort¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/389>, abgerufen am 23.11.2024.