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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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ben ohne alle Veranlassung einem Kinde hin.
Ich bemerkte, daß dies von den Anwesenden
sehr mißfällig angesehen wurde und triumphirte
nun vollkommen in meinem schadenfrohen Ge¬
müthe. Es kann mich aber vielleicht entschuldi¬
gen, daß alle Vier sechs bis sieben Jahre älter
als ich und schon gereist waren; auch haben sie
seither nach ihrem Wunsche achtbare und vermög¬
liche Frauen bekommen und sind eben so tüchtige
als geachtete junge Männer mit Ausnahme des
Verbi divini Minister, welcher einen schlimmen
Handel bekam und außer Landes ging.

Auf einmal kehrte sich Anna um und bat mich,
ihr die Karten aufzubewahren; sie bemerkte lä¬
chelnd, ich möchte ja recht Sorge dazu tragen, und
als ich sie einsteckte, war mir, als ob ich alle
vier Helden in der Tasche trüge. Doch diese
mochten auch bereits einsehen, daß sie einen un¬
schicklichen und thörichten Streich begangen, und
verloren sich aus unserer Umgebung; denn als
kluger Bauern eben so kluge Söhnlein waren sie
nur oberflächlich in solche Schnörkeleien hineinge¬

ben ohne alle Veranlaſſung einem Kinde hin.
Ich bemerkte, daß dies von den Anweſenden
ſehr mißfaͤllig angeſehen wurde und triumphirte
nun vollkommen in meinem ſchadenfrohen Ge¬
muͤthe. Es kann mich aber vielleicht entſchuldi¬
gen, daß alle Vier ſechs bis ſieben Jahre aͤlter
als ich und ſchon gereiſt waren; auch haben ſie
ſeither nach ihrem Wunſche achtbare und vermoͤg¬
liche Frauen bekommen und ſind eben ſo tuͤchtige
als geachtete junge Maͤnner mit Ausnahme des
Verbi divini Minister, welcher einen ſchlimmen
Handel bekam und außer Landes ging.

Auf einmal kehrte ſich Anna um und bat mich,
ihr die Karten aufzubewahren; ſie bemerkte laͤ¬
chelnd, ich moͤchte ja recht Sorge dazu tragen, und
als ich ſie einſteckte, war mir, als ob ich alle
vier Helden in der Taſche truͤge. Doch dieſe
mochten auch bereits einſehen, daß ſie einen un¬
ſchicklichen und thoͤrichten Streich begangen, und
verloren ſich aus unſerer Umgebung; denn als
kluger Bauern eben ſo kluge Soͤhnlein waren ſie
nur oberflaͤchlich in ſolche Schnoͤrkeleien hineinge¬

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[377/0387] ben ohne alle Veranlaſſung einem Kinde hin. Ich bemerkte, daß dies von den Anweſenden ſehr mißfaͤllig angeſehen wurde und triumphirte nun vollkommen in meinem ſchadenfrohen Ge¬ muͤthe. Es kann mich aber vielleicht entſchuldi¬ gen, daß alle Vier ſechs bis ſieben Jahre aͤlter als ich und ſchon gereiſt waren; auch haben ſie ſeither nach ihrem Wunſche achtbare und vermoͤg¬ liche Frauen bekommen und ſind eben ſo tuͤchtige als geachtete junge Maͤnner mit Ausnahme des Verbi divini Minister, welcher einen ſchlimmen Handel bekam und außer Landes ging. Auf einmal kehrte ſich Anna um und bat mich, ihr die Karten aufzubewahren; ſie bemerkte laͤ¬ chelnd, ich moͤchte ja recht Sorge dazu tragen, und als ich ſie einſteckte, war mir, als ob ich alle vier Helden in der Taſche truͤge. Doch dieſe mochten auch bereits einſehen, daß ſie einen un¬ ſchicklichen und thoͤrichten Streich begangen, und verloren ſich aus unſerer Umgebung; denn als kluger Bauern eben ſo kluge Soͤhnlein waren ſie nur oberflaͤchlich in ſolche Schnoͤrkeleien hineinge¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/387>, abgerufen am 16.07.2024.