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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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anderen Seite her angegriffen hatten, angeführt
vom jungen Müller, der als geharnischter Reiter
schwer einherklirrte und sein verjährtes Eisenge¬
wand andächtig verehren und betasten ließ. Auf
einmal zeigte sich Anna, schüchtern und ver¬
schämt; doch ihre Zaghaftigkeit ward von der Ge¬
walt der allgemeinen Freude sogleich vernichtet
und sie war in einem Augenblicke wie umgewan¬
delt. Sie lächelte sicher und wohlgemuth, ihre
Silberkrone blitzte in der Sonne, ihr Haar wehte
und flatterte schön im Morgenwind und sie ging
so anmuthig und sicher in ihrem aufgeschürzten
Reitkleide, das sie mit den ringgeschmückten Hän¬
den hielt, als ob sie ihr Lebenlang ein solches ge¬
tragen hätte. Sie mußte überall herumgehen und
wurde mit staunender Bewunderung begrüßt.
Endlich aber bewegte sich der Zug weiter und
mir seinem Aufbruche theilte sich auch unser
Hausstand. Die zwei jüngeren Basen und zwei
ihrer Brüder schlossen sich demselben an, die ver¬
lobte Schwester und der Schulmeister setzten sich
in ein leichtes Fuhrwerk, um als Zuschauer ihren
eigenen Weg zu fahren und uns gelegentlich zu

II. 23

anderen Seite her angegriffen hatten, angefuͤhrt
vom jungen Muͤller, der als geharniſchter Reiter
ſchwer einherklirrte und ſein verjaͤhrtes Eiſenge¬
wand andaͤchtig verehren und betaſten ließ. Auf
einmal zeigte ſich Anna, ſchuͤchtern und ver¬
ſchaͤmt; doch ihre Zaghaftigkeit ward von der Ge¬
walt der allgemeinen Freude ſogleich vernichtet
und ſie war in einem Augenblicke wie umgewan¬
delt. Sie laͤchelte ſicher und wohlgemuth, ihre
Silberkrone blitzte in der Sonne, ihr Haar wehte
und flatterte ſchoͤn im Morgenwind und ſie ging
ſo anmuthig und ſicher in ihrem aufgeſchuͤrzten
Reitkleide, das ſie mit den ringgeſchmuͤckten Haͤn¬
den hielt, als ob ſie ihr Lebenlang ein ſolches ge¬
tragen haͤtte. Sie mußte uͤberall herumgehen und
wurde mit ſtaunender Bewunderung begruͤßt.
Endlich aber bewegte ſich der Zug weiter und
mir ſeinem Aufbruche theilte ſich auch unſer
Hausſtand. Die zwei juͤngeren Baſen und zwei
ihrer Bruͤder ſchloſſen ſich demſelben an, die ver¬
lobte Schweſter und der Schulmeiſter ſetzten ſich
in ein leichtes Fuhrwerk, um als Zuſchauer ihren
eigenen Weg zu fahren und uns gelegentlich zu

II. 23
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[353/0363] anderen Seite her angegriffen hatten, angefuͤhrt vom jungen Muͤller, der als geharniſchter Reiter ſchwer einherklirrte und ſein verjaͤhrtes Eiſenge¬ wand andaͤchtig verehren und betaſten ließ. Auf einmal zeigte ſich Anna, ſchuͤchtern und ver¬ ſchaͤmt; doch ihre Zaghaftigkeit ward von der Ge¬ walt der allgemeinen Freude ſogleich vernichtet und ſie war in einem Augenblicke wie umgewan¬ delt. Sie laͤchelte ſicher und wohlgemuth, ihre Silberkrone blitzte in der Sonne, ihr Haar wehte und flatterte ſchoͤn im Morgenwind und ſie ging ſo anmuthig und ſicher in ihrem aufgeſchuͤrzten Reitkleide, das ſie mit den ringgeſchmuͤckten Haͤn¬ den hielt, als ob ſie ihr Lebenlang ein ſolches ge¬ tragen haͤtte. Sie mußte uͤberall herumgehen und wurde mit ſtaunender Bewunderung begruͤßt. Endlich aber bewegte ſich der Zug weiter und mir ſeinem Aufbruche theilte ſich auch unſer Hausſtand. Die zwei juͤngeren Baſen und zwei ihrer Bruͤder ſchloſſen ſich demſelben an, die ver¬ lobte Schweſter und der Schulmeiſter ſetzten ſich in ein leichtes Fuhrwerk, um als Zuſchauer ihren eigenen Weg zu fahren und uns gelegentlich zu II. 23

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/363>, abgerufen am 23.11.2024.