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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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wenn man von mir sprach. Leicht wußte ich
meine Mutter zu überreden, grünes Tuch zu wäh¬
len und statt eines Frackes einen hübschen kur¬
zen Rock mit einigen Schnüren machen zu las¬
sen, dazu statt des gefürchteten Hutes ein schwar¬
zes Sammetbaret, da Hut und Frack doch selten
getragen und wegen meines Wachsthums, sowie
wegen der Mode also eine unnütze Ausgabe sein
würden. Es leuchtete ihr klar ein, um so mehr,
da die armen Lehrlinge und Tagelöhnersöhne
auch keinen schwarzen Habit zu tragen pflegten,
sondern in ihren gewöhnlichen Sonntagskleidern
erschienen, und ich erklärte, es sei mir vollkom¬
men gleichgültig, ob man mich zu den ehrbaren
Bürgerssöhnen zähle oder nicht. So breit ich
konnte, schlug ich den Hemdekragen zurück, strich
mein langes Haar kühn hinter die Ohren und
erschien so, das Baret in der Hand, am heiligen
Abend in der Stube des Geistlichen, wo noch
eine herzliche und vertrauliche Vorbereitung statt¬
finden sollte. Als ich mich unter die feierliche
steif geputzte Jugend stellte, wurde ich mit eini¬
ger Verwunderung betrachtet, denn ich stand al¬

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wenn man von mir ſprach. Leicht wußte ich
meine Mutter zu uͤberreden, gruͤnes Tuch zu waͤh¬
len und ſtatt eines Frackes einen huͤbſchen kur¬
zen Rock mit einigen Schnuͤren machen zu laſ¬
ſen, dazu ſtatt des gefuͤrchteten Hutes ein ſchwar¬
zes Sammetbaret, da Hut und Frack doch ſelten
getragen und wegen meines Wachsthums, ſowie
wegen der Mode alſo eine unnuͤtze Ausgabe ſein
wuͤrden. Es leuchtete ihr klar ein, um ſo mehr,
da die armen Lehrlinge und Tageloͤhnerſoͤhne
auch keinen ſchwarzen Habit zu tragen pflegten,
ſondern in ihren gewoͤhnlichen Sonntagskleidern
erſchienen, und ich erklaͤrte, es ſei mir vollkom¬
men gleichguͤltig, ob man mich zu den ehrbaren
Buͤrgersſoͤhnen zaͤhle oder nicht. So breit ich
konnte, ſchlug ich den Hemdekragen zuruͤck, ſtrich
mein langes Haar kuͤhn hinter die Ohren und
erſchien ſo, das Baret in der Hand, am heiligen
Abend in der Stube des Geiſtlichen, wo noch
eine herzliche und vertrauliche Vorbereitung ſtatt¬
finden ſollte. Als ich mich unter die feierliche
ſteif geputzte Jugend ſtellte, wurde ich mit eini¬
ger Verwunderung betrachtet, denn ich ſtand al¬

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[323/0333] wenn man von mir ſprach. Leicht wußte ich meine Mutter zu uͤberreden, gruͤnes Tuch zu waͤh¬ len und ſtatt eines Frackes einen huͤbſchen kur¬ zen Rock mit einigen Schnuͤren machen zu laſ¬ ſen, dazu ſtatt des gefuͤrchteten Hutes ein ſchwar¬ zes Sammetbaret, da Hut und Frack doch ſelten getragen und wegen meines Wachsthums, ſowie wegen der Mode alſo eine unnuͤtze Ausgabe ſein wuͤrden. Es leuchtete ihr klar ein, um ſo mehr, da die armen Lehrlinge und Tageloͤhnerſoͤhne auch keinen ſchwarzen Habit zu tragen pflegten, ſondern in ihren gewoͤhnlichen Sonntagskleidern erſchienen, und ich erklaͤrte, es ſei mir vollkom¬ men gleichguͤltig, ob man mich zu den ehrbaren Buͤrgersſoͤhnen zaͤhle oder nicht. So breit ich konnte, ſchlug ich den Hemdekragen zuruͤck, ſtrich mein langes Haar kuͤhn hinter die Ohren und erſchien ſo, das Baret in der Hand, am heiligen Abend in der Stube des Geiſtlichen, wo noch eine herzliche und vertrauliche Vorbereitung ſtatt¬ finden ſollte. Als ich mich unter die feierliche ſteif geputzte Jugend ſtellte, wurde ich mit eini¬ ger Verwunderung betrachtet, denn ich ſtand al¬ 21 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/333>, abgerufen am 26.11.2024.