ein Mann, welcher seinen Zöglingen, obgleich sie nur Volkslehrer werden sollten, gern zum all¬ gemeinsten Wissen verhalf, wenn sie sich durch Fleiß die nöthige Zeit dazu erwarben. Das hatte freilich zur Folge, daß Alle, welche wirklich ein höheres und gründliches Wissen erreichten oder für erreichbar hielten, sobald als möglich der Volksschule Valet sagten und andere Bahnen verfolgten. Dies war indessen nur billig; wenn das Seminar dabei seinen unmittelbaren Zweck verfehlte, so vergab es doch seiner Würde nichts, indem es armen Bauerssöhnen die Welt aufthat. Auch behielten diese, wenn sie ansehnliche Gelehrte oder Staatsbeamte wurden, doch immer eine be¬ sondere Anhänglichkeit und Liebe für die Volks¬ schule, welcher sie sich anfänglich geweiht hatten, und was dieser oft zu Schutz und Gedeihen ge¬ reichte.
Aber es gab auch eine andere Art Wißbe¬ gieriger, welche mehr vom äußeren Schein und Hochmuth getrieben, Vieles erschnappten, ohne je den rechten Schlüssel zum wissenschaftlichen Leben zu finden, auch sonst behindert und ohne Talent,
ein Mann, welcher ſeinen Zoͤglingen, obgleich ſie nur Volkslehrer werden ſollten, gern zum all¬ gemeinſten Wiſſen verhalf, wenn ſie ſich durch Fleiß die noͤthige Zeit dazu erwarben. Das hatte freilich zur Folge, daß Alle, welche wirklich ein hoͤheres und gruͤndliches Wiſſen erreichten oder fuͤr erreichbar hielten, ſobald als moͤglich der Volksſchule Valet ſagten und andere Bahnen verfolgten. Dies war indeſſen nur billig; wenn das Seminar dabei ſeinen unmittelbaren Zweck verfehlte, ſo vergab es doch ſeiner Wuͤrde nichts, indem es armen Bauersſoͤhnen die Welt aufthat. Auch behielten dieſe, wenn ſie anſehnliche Gelehrte oder Staatsbeamte wurden, doch immer eine be¬ ſondere Anhaͤnglichkeit und Liebe fuͤr die Volks¬ ſchule, welcher ſie ſich anfaͤnglich geweiht hatten, und was dieſer oft zu Schutz und Gedeihen ge¬ reichte.
Aber es gab auch eine andere Art Wißbe¬ gieriger, welche mehr vom aͤußeren Schein und Hochmuth getrieben, Vieles erſchnappten, ohne je den rechten Schluͤſſel zum wiſſenſchaftlichen Leben zu finden, auch ſonſt behindert und ohne Talent,
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ein Mann, welcher ſeinen Zoͤglingen, obgleich
ſie nur Volkslehrer werden ſollten, gern zum all¬
gemeinſten Wiſſen verhalf, wenn ſie ſich durch
Fleiß die noͤthige Zeit dazu erwarben. Das hatte
freilich zur Folge, daß Alle, welche wirklich ein
hoͤheres und gruͤndliches Wiſſen erreichten oder
fuͤr erreichbar hielten, ſobald als moͤglich der
Volksſchule Valet ſagten und andere Bahnen
verfolgten. Dies war indeſſen nur billig; wenn
das Seminar dabei ſeinen unmittelbaren Zweck
verfehlte, ſo vergab es doch ſeiner Wuͤrde nichts,
indem es armen Bauersſoͤhnen die Welt aufthat.
Auch behielten dieſe, wenn ſie anſehnliche Gelehrte
oder Staatsbeamte wurden, doch immer eine be¬
ſondere Anhaͤnglichkeit und Liebe fuͤr die Volks¬
ſchule, welcher ſie ſich anfaͤnglich geweiht hatten,
und was dieſer oft zu Schutz und Gedeihen ge¬
reichte.
Aber es gab auch eine andere Art Wißbe¬
gieriger, welche mehr vom aͤußeren Schein und
Hochmuth getrieben, Vieles erſchnappten, ohne je
den rechten Schluͤſſel zum wiſſenſchaftlichen Leben
zu finden, auch ſonſt behindert und ohne Talent,
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/263>, abgerufen am 21.11.2024.
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