dings ein artiger Sparren im Kopfe sein! In¬ dessen mag es manchen Heiligen geben, dessen christliche Ideen einem Schinkenknochen gleichen." Hierauf antwortete Niemand etwas außer meinem Oheim, welcher mich ernstlich ersucht haben wollte, dergleichen Mittheilungen zu unterlassen. Das Rothwerden war nun an mir und ich sagte nichts mehr während der übrigen Zeit, die man am Tische zubrachte. Ich zog mich zurück in bitterem Unmuthe und gedachte mich nicht mehr sehen zu lassen, bis meine Bäschen mich aufsuchten und mich aufforderten, mit ihnen und ihren Brüdern Anna nach Hause zu begleiten und den Schul¬ meister zu besuchen. Da ich durch den seltenen Verweis des Vaters in eine beschämende Lage gerathen, so fanden sie es angemessen, mich durch diese Freundlichkeit daraus zu ziehen; denn sie wußten wohl, daß ich sonst nach der Etikette je¬ nes Alters nicht mitkommen konnte, wo das Schmollen eine Ehrensache und an bestimmte Gesetze gebunden ist.
Wir zogen also aus und gingen dem Flüßchen nach durch den Wald. Ich blieb still, und als
16 *
dings ein artiger Sparren im Kopfe ſein! In¬ deſſen mag es manchen Heiligen geben, deſſen chriſtliche Ideen einem Schinkenknochen gleichen.« Hierauf antwortete Niemand etwas außer meinem Oheim, welcher mich ernſtlich erſucht haben wollte, dergleichen Mittheilungen zu unterlaſſen. Das Rothwerden war nun an mir und ich ſagte nichts mehr waͤhrend der uͤbrigen Zeit, die man am Tiſche zubrachte. Ich zog mich zuruͤck in bitterem Unmuthe und gedachte mich nicht mehr ſehen zu laſſen, bis meine Baͤschen mich aufſuchten und mich aufforderten, mit ihnen und ihren Bruͤdern Anna nach Hauſe zu begleiten und den Schul¬ meiſter zu beſuchen. Da ich durch den ſeltenen Verweis des Vaters in eine beſchaͤmende Lage gerathen, ſo fanden ſie es angemeſſen, mich durch dieſe Freundlichkeit daraus zu ziehen; denn ſie wußten wohl, daß ich ſonſt nach der Etikette je¬ nes Alters nicht mitkommen konnte, wo das Schmollen eine Ehrenſache und an beſtimmte Geſetze gebunden iſt.
Wir zogen alſo aus und gingen dem Fluͤßchen nach durch den Wald. Ich blieb ſtill, und als
16 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0253"n="243"/>
dings ein artiger Sparren im Kopfe ſein! In¬<lb/>
deſſen mag es manchen Heiligen geben, deſſen<lb/>
chriſtliche Ideen einem Schinkenknochen gleichen.«<lb/>
Hierauf antwortete Niemand etwas außer meinem<lb/>
Oheim, welcher mich ernſtlich erſucht haben wollte,<lb/>
dergleichen Mittheilungen zu unterlaſſen. Das<lb/>
Rothwerden war nun an mir und ich ſagte nichts<lb/>
mehr waͤhrend der uͤbrigen Zeit, die man am<lb/>
Tiſche zubrachte. Ich zog mich zuruͤck in bitterem<lb/>
Unmuthe und gedachte mich nicht mehr ſehen zu<lb/>
laſſen, bis meine Baͤschen mich aufſuchten und<lb/>
mich aufforderten, mit ihnen und ihren Bruͤdern<lb/>
Anna nach Hauſe zu begleiten und den Schul¬<lb/>
meiſter zu beſuchen. Da ich durch den ſeltenen<lb/>
Verweis des Vaters in eine beſchaͤmende Lage<lb/>
gerathen, ſo fanden ſie es angemeſſen, mich durch<lb/>
dieſe Freundlichkeit daraus zu ziehen; denn ſie<lb/>
wußten wohl, daß ich ſonſt nach der Etikette je¬<lb/>
nes Alters nicht mitkommen konnte, wo das<lb/>
Schmollen eine Ehrenſache und an beſtimmte<lb/>
Geſetze gebunden iſt.</p><lb/><p>Wir zogen alſo aus und gingen dem Fluͤßchen<lb/>
nach durch den Wald. Ich blieb ſtill, und als<lb/><fwplace="bottom"type="sig">16 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[243/0253]
dings ein artiger Sparren im Kopfe ſein! In¬
deſſen mag es manchen Heiligen geben, deſſen
chriſtliche Ideen einem Schinkenknochen gleichen.«
Hierauf antwortete Niemand etwas außer meinem
Oheim, welcher mich ernſtlich erſucht haben wollte,
dergleichen Mittheilungen zu unterlaſſen. Das
Rothwerden war nun an mir und ich ſagte nichts
mehr waͤhrend der uͤbrigen Zeit, die man am
Tiſche zubrachte. Ich zog mich zuruͤck in bitterem
Unmuthe und gedachte mich nicht mehr ſehen zu
laſſen, bis meine Baͤschen mich aufſuchten und
mich aufforderten, mit ihnen und ihren Bruͤdern
Anna nach Hauſe zu begleiten und den Schul¬
meiſter zu beſuchen. Da ich durch den ſeltenen
Verweis des Vaters in eine beſchaͤmende Lage
gerathen, ſo fanden ſie es angemeſſen, mich durch
dieſe Freundlichkeit daraus zu ziehen; denn ſie
wußten wohl, daß ich ſonſt nach der Etikette je¬
nes Alters nicht mitkommen konnte, wo das
Schmollen eine Ehrenſache und an beſtimmte
Geſetze gebunden iſt.
Wir zogen alſo aus und gingen dem Fluͤßchen
nach durch den Wald. Ich blieb ſtill, und als
16 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/253>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.